1945: Gegen Kriegsende |
In der Kommandantur
Wir gingen also ins Mescheder Amtshaus, wo nicht nur eine amerikanische Militärregierung, eine sogenannte Kommandantur war, sondern auch eine Polizeistation und ein provisorisches Militärgefängnis. Zu meinem Schrecken musste ich mit ansehen, wie 2 Soldaten in voller Uniform und mit Helmen auf dem Kopf einen Gefangenen zum WC begleiteten. Sie ließen ihn nicht aus den Augen, die WC-Tür musste er offen lassen. Sie standen davor und hatten ununterbrochen die MP auf ihn gerichtet. Eine ungemütliche Klo-Sitzung!
Das taten wir. Leider ohne Erfolg: in keinem der Büroräume stand der Schreibtisch. Enttäuscht schlichen wir durch den kahlen dämmerigen Flur zurück, in dem eine lange Schlange deutscher feldgrauer Soldaten stand, ohne Rangabzeichen, Gefangene. Sie mussten hier warten, um registriert zu werden. Erschöpft lehnten einige an der Wand, andere hockten auf dem Fußboden, und ein paar saßen auf ... einer Bank, oder??? worauf??? "Bitte, würden Sie einmal kurz aufstehen, damit ich sehe, worauf Sie sitzen?" sagte meine Mutter. "Ich suche nämlich meinen Schreibtisch." Bereitwillig standen ein paar Männer auf, selbst neugierig geworden. Es war der Schreibtisch. Mit der Vorderseite zur Wand gestellt. Man musste erst mal genau hinsehen, um ihn zu erkennen. Die Landser freuten sich mit uns, und der amerikanische Kommandant hielt sein Versprechen, wir bekamen den Schreibtisch zurück.
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