"Bei der Übersiedlung (1895) der Familie von Dortmund nach Aplerbeck
(~7000 Einw.)
ist die auf dem Werksgelände
der Hütte gelegene Dienstwohnung noch nicht frei. Die 7-köpfige
Familie, Heinrich, Maria, 5 Kinder zwischen 7-1 Jahren (Max, Paul,
Ernst, Heinz, Martha) wohnt also zuerst in einem Mietshaus des
Herrn RIESE in der Köln-Berliner-Straße, mitten im Dorf, auf dem
Gelände des berüchtigten Märtmannshof. Die Nachbarhäuser
neben dem von der Familie gemieteten Haus in der Köln-Berliner-Straße 28
gehören dem Arzt Dr.
LINDT und auf der anderen Seite
Apotheker LEUNENSCHLOß. [Dort ist
auch heute noch eine Apotheke: die Adler-Apotheke, im Erdgeschoß
des Hauses Köln-Berliner-Straße 28 selbst ist das Warenhaus
Urban.]
Foto: Zimmer um 1900, http://www.daserste.de/abenteuer1900
"Auf dem Märtmannshof oder auch Mordmannshof in Aplerbeck sollen
am 2. und 3. Tage des Weinmonats (Oktober) im Jahre 693 n.Chr. die
beiden Ewalde, der weiße und der schwarze, erschlagen worden
sein. So berichtet der angelsächsische Kleriker BEDA (673-735).
Die älteste historische Angabe darüber findet sich im Kalender
der Echternacher Benediktiner-Abtei des Briten Willibrord aus dem Jahre 721: 'Natale sanctorum martyrum heualdi et heualdi.' Willibrord.Cal 12
(4. October: The death of the holy martyrs Hewald and Hewald.)
Nach einer alten Prophezeiung soll
kein männlicher Erbe auf diesem Hof groß werden. Die im
Obligationsbuch des Hauses RODENBERG festgehaltene Ahnenreihe
beweist tatsächlich das frühe Sterben aller männlichen Erben
auf dem Märtmannshof durch 3 Jahrhunderte."
Die
Hofstätte des untergegangenen Märtmannshof liegt mitten in
Aplerbeck. Neben GRÜGELSIEPE und VIESELER - an den Namen erinnert
noch die Vieselerhofstraße -
gehörte sie zu den 3
größten Höfen des Dorfes. Bis zu seinem Abbruch nannten die Leute den Hof nur Mordmannshof oder
Märtmannshof. Heute erinnern die
"Weiße-Ewald-Straße", die "Schwarze-Ewald-Straße" und die
"Märtmannstraße" in Dortmund-Aplerbeck an dieses Ereignis.
Auf dem Marktplatz steht das Denkmal der Heiligen.
Die
MARNACH-Kinder
sind von dieser Geschichte tief beeindruckt.
Wenn ihr Weg sie an der Stelle vorbeiführt, wo die Bluttat sich
möglicherweise ereignete, und es ist obendrein noch ein trüber
Wintermorgen oder in der Abenddämmerung, sind sie voller Furcht
und rennen hastig weiter.
Der weiße und der schwarze Ewald
, Foto: Franz Goschi
Die Legende vom schwarzen und vom weißen Ewald
gehört zu den frühesten Nachrichten, die aus dem Gebiet
des Emscherdorfes Aplerbeck = Afaldrabechi bekannt
sind, um 700 n. Chr.
Unter den ersten christlichen Missionaren, die in die Gegend von Dortmund kamen, waren zwei
von den Britischen Inseln stammende Mönche. Sie hießen beide Ewald (angelsächsisch Hewald). Da der eine von ihnen schwarzes Haar hatte, der andere weißes, nannte man sie den schwarzen und den weißen Ewald.
Sie kamen nach Aplerbeck und nahmen bei einem Bauern Quartier.
Bei ihrem Wirken stießen sie auf heftigen Widerstand. Die Männer des Dorfes, die
standhaft an ihrem alten Glauben festhielten, wollten vom Gott der
Christen nichts wissen.
Deshalb erzwangen sie sich eines Tages den Zutritt in das Bauernhaus und überfielen die beiden Glaubensboten. Der weiße Ewald starb sofort unter den Hieben der wütenden
Bauern, während es dem schwarzen Ewald gelang, nach draußen zu entkommen. Dort ergriffen ihn
seine Verfolger.
Die Frauen des Hofes, die gerade den Flachs brachen, hörten den Lärm und
liefen eilig herbei. Vergeblich
flehten sie die rasenden Männer an, den schwarzen Ewald zu verschonen. Sie mussten hilflos zusehen, wie auch
er
erbarmungslos totgeschlagen wurde, mit schweren Flachsbraken (ein
massives Holzgerät zum Knicken und Brechen der harten Stiele
der Flachspflanzen, Foto
rechts). Die Leichen der beiden Märtyrer sollen über Potthoffs
Grund geschleppt und in die Emscher geworfen worden sein.
Dort fällt seitdem weder Tau noch Regen. Sterbend soll der Schwarze Ewald
noch einen Segen über
die Frauen des Hofes gesprochen haben. Die Männer
verfluchte er: auf jenem Hof solle niemals
mehr ein männlicher Erbe als Hofherr schalten und walten.
Die Sage erzählt, dass von diesem Tage an tatsächlich ein Fluch auf dem Hofe gelegen habe.
Es lässt sich nachweisen, dass seit 1695 der Hof nur in weiblicher Linie vererbt
wurde, weil alle Söhne eines frühen Todes starben. -
Man muss beiden Seiten Respekt entgegenbringen: den Mönchen, die gefahrvolle Reisen auf sich nahmen
und ihre ganze Kraft einsetzten, um das Evangelium zu verkünden, ebenso wie den westfälischen
Bauern, die
tragischerweise zwei Morde begingen, um ihren
alten Göttern die Treue halten zu können: Odin (Wotan), Donar (Thor) und
Freya
sind die bekanntesten Namen. Einige haben sich auch in unseren heutigen Wochentagsnamen
erhalten .
- Dienstag - engl. Tuesday, nach Rechts- & Kriegsgott
Tyr benannt.
- Mittwoch - engl. Wednesday, Wotans Tag.
- Donnerstag- Tag des Donar, Donnergott,
- Freitag - Tag
der Freya, Göttin der Liebe und der Fruchtbarkeit.
Das Wilde Heer
Das Wilde Heer ist im Volksglauben das Heer der
verstorbenen Ahnen, ein
Totenheer, geführt vom mächtigsten der germanischen Götter, von
Wotan/Odin. Vor allem im Wintersturm, in den heiligen zwölf Nächten,
braust das Geisterheer unter ungeheurem Tosen durch die Luft, unter
Jagdrufen und Hundegebell, Schrecken und Unheil bei Mensch und Tier verbreitend.
Die Vorstellung, dass die Wilde Jagd von einem Berg auszieht und wieder
in einen Berg hineinfährt, geht auf die alte germanische Vorstellung
eines Totenreiches im Berge zurück. Es sind alte Totenberge, aus denen die Scharen der Seelen hervorbrechen und in die sie zurück kehren.
Im Volksglauben und Brauchtum ist der Zeitraum zwischen Weihnachten und
Dreikönigstag mit der Bezeichnung „Zwölfnächte“ oder „Raunächte“
besonders hervorgehoben. Dann sauste die Wilde Jagd durch die Lüfte,
die Seelen Verstorbener erschienen und künftiges Geschehen wird im Traum
sichtbar. Das noch heute übliche Beräuchern und Weihen der Häuser mit Gebeten und Liedern im Zusammenhang mit den
Sternsingern am Dreikönigstag geht direkt auf diesen
Glauben zurück, der seine Wurzeln in vorchristlicher Zeit hat.
Sie meinen, dies wären alles längst vergangene Geschichten?
Es hielt sich die Erinnerung an Wotan/Odin auch in Legenden und Märchen. Noch heute finden sich zahlreiche
Ortsbezeichnungen, die auf Odin verweisen: unter anderem Wodenesberg,
Godesberg, Wodensbolt oder das Odinsthal. Oder
es seien Ammenmärchen? Warum sitzen wir dann verzückt im Film „Herr der Ringe“?
Oder lesen gerne irgendwelchen Fantasykram? Oder besiegen an unserem
PC ganze Scharen von Orks und Außerirdischen? So ganz aus der Welt sind die
Dinge eben doch nicht – sie wurzeln noch tief in unseren Ahnungen und
Träumen.
(nach http://www.landesvertretung.saarland.de
)
Münchener Nachtsegen (14. Jhd.), mittelhochdeutsch
Wutanes her und alle sîne man,
di di reder und di wit tragen
geradebreht und erhangen,
ir sult von hinnen gangen.
Wotans Heer und alle seine Leute,
die Räder tragen und Weidenzweige,
durch Rädern oder Hängen hingerichtet,
ihr sollt hier weg, von hinnen ziehn!
wit = Weidenzweige, Strang aus gedrehten Baumzweigen zum Binden und
Hängen
geradebreht = aufs Rad flechten und mit dem Rade zerbrechen,
die Todesstrafe
Am Oberlauf der Emscher,
Foto (bearbeitet):
Vieselerhofstraße, Dortmund-Aplerbeck, nahe der B 234/Köln-Berliner Straße.
http://www.route-industriekultur.de
Der
Name des Flusses Emscher
Das Wort amb (gall.)
bedeutet Fluss, isca bedeutet Wasser, mittelirisch esc
= 'Wasser
- deshalb bei den Inselkelten Esk (schott.) - Exe
in Exeter/Devon - Usk in Wales
- bei den Festlandkelten Ischa (lux.) - Isch
(Elsass)
- Amb-isc-ara = Emscher (vergl.
Paul Derks,
Die Siedlungsnamen in Aplerbeck.)
Zwar haben im altwestfälischen Raum niemals Kelten gesiedelt, doch
bezogen sowohl die keltischen wie auch die germanischen und
vorgermanischen Sprachen ihr Material aus dem gemeinsamen europäischen
Bestand.
Die einheitliche Benennung eines
Flusses entstand meist erst dann aus mehreren verschiedenen Teilnamen, sobald
man sich klar wurde, dass es sich um denselben Wasserlauf handelte.
Um das zu bemerken, mussten die Menschen schon beweglicher geworden sein und
Wanderungen und Reisen unternehmen. In dem alten Namen Apelderbeke
für Aplerbeck - 1200, Apelderbeke, Apelder=
Apfelbaum, beke=Bach - wird die Emscher einfach
beke - Bach genannt. Dann findet sich
1338 in einem Dortmunder Dokument der Name Emscher als
Ymesschare.
In der Köln-Berliner Straße
in Aplerbeck wohnte die Marnach-Familie ein Jahr lang, und die
Marnach-Kinder fürchteten
sich vor den alten grausamen Geschichten, die sich hier vor langer
Zeit auf dem Grund des Märtmannhofs und an der Emscher
zugetragen hatten.
Weihnachten vor 100 Jahren
Oben: Der Vater (oder Großvater?) kehrt vom
weihnachtlichen Kirchgang heim
(aus "5.000 Postkarten aus der Zeit um 1900" von
The Yorck Project)
Es sind im heutigen Nordrhein-Westfalen vor allem die evangelischen Christen, die den Christbaum zuerst aufstellen (um
1750 im Siegerland, 1834 in Hagen, 1855 bei Dortmund),
wozu insbesondere auch die preußischen Beamten beitragen.
Die Katholiken übernehmen den Brauch erst ein bis zwei Generationen später als die
evangelischen Christen, und zwar zunächst die Oberschichten. Die
Marnachs gehören in Aplerbeck zwar zu der katholischen Minderheit,
haben aber schon um 1900 einen geschmückten Weihnachtsbaum, wie wir
auf dem Foto sehen. Erst nach dem Ersten Weltkrieg (1914-1918)
hält der Baum auch seinen
allgemeinen Einzug in den „guten Stuben“ der Bevölkerung.
Nach
Prof.
Dr. Wilhelm Damberg,
Katholisch-Theologische
Fakultät der RUB
Foto: Heinz und Martha Marnach, Weihnachten 1904
Die Geschwister sind auch auf der Titelseite dieser Geschichte zu sehen!
Meine email-Freundin Helga aus Kanada meint zu
dem Foto oben:
"Your Granny must have also been well off [rich] to be able to buy a Christmas tree
plus all the decorations!"
5,60 Mark
(etwa 1 Wochenlohn) kosteten
320
Stück Christbaumschmuck wie
übersponnene
Kugeln, Glocken, Trompeten,
Engel mit Frisur und beweglichen Glasflügeln (!)
und vieles
mehr. Dazu gab es
obendrein
ein Fischglas mit beweglichen Goldfischen gratis! ...
von dem
Lieferanten für fürstliche Höfe,
der Hunderte von Dankschreiben
bekam! Lang, lang ist's
her!
Abb links aus.: Dieses Jahr schenken wir uns nichts... Klartext
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