Prolog                                                                                 


 

Wie lange dauern 100 Jahre? 


Eigentlich sollte ich heute längst tot sein, seit mehr als 55 Jahren schon! Denn nie habe ich damit gerechnet, den 2. Weltkrieg zu überleben, die zahllosen Angriffe mit Bomben und Luftminen, den Artilleriebeschuss, die Tiefflieger, den Einmarsch der Alliierten, den Hunger und all das Leid. 

Als kleines Mädchen hatte ich geglaubt, der Schrecken werde nie mehr ein Ende nehmen, werde ewig dauern. Und ganz bestimmt würde ich nicht mit dem Leben davonkommen. 

Auf meine ängstliche Frage: "Wann ist denn endlich der Krieg zu Ende?" antwortete mein Vater manchmal: "Es gab vor langer Zeit schon mal einen 30jährigen Krieg, und auch schon einen 100jährigen." Die 6 Kriegsjahre, die wir durchleiden mussten, waren für mich, für ein Kind, das bei Kriegsausbruch 3, bei Kriegsende gerade 9 Jahre alt geworden war, länger als 100 Jahre, endlos, mein ganzes Leben, meine ganze Kindheit. 


Heute, mehr als 60 Jahre später, habe ich aus meiner Erinnerung alles aufgeschrieben und Fotos aus unserem Familienalbum dazu eingescannt, für meine Kinder - Wolfgang hatte mich darum gebeten für seine Studenten aus USA  - und für meine Enkel. 

Um ihnen zu erzählen, wie viel Unheil Kriege bedeuten und dass es niemals einen gerechten Krieg geben kann. Und auch für Menschen in Deutschland und anderswo, die den Krieg nicht selbst erlebten, habe ich dies geschrieben. Sie sollen nicht denken, hier hätten nur Nazis gelebt damals. Und alle hätten Hurra geschrieen, hätten herrlich und in Freuden gelebt und Hitler zugejubelt, der am Leiden und Tod so vieler schuld ist...

 

Foto: Marlies im Sommer 1939


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