Vom Münsterland ins Ruhrgebiet


Die Niehues-Familie wie auch die Schwerts stammen aus dem Münsterland. Unter den knapp 15 000 Telefoneinträgen des Städtchens Werne gibt es 29 x Niehues, 20 x Schwerdt und 17 x Schwert. Im Jahr 2001 kann man lesen: Werne hat ca. 30.000 Einwohner und liegt an dem Fluß Lippe, der die Grenze zum Ruhrgebiet bildet. Werne liegt im Kreis Unna in Nordrhein Westfalen (NRW), im südlichsten Münsterland. Fast in der Mitte zwischen Münster und Dortmund. 

Foto: Teil des Klosterhofs in Werne


Heinrich I Niehues (ca *1840) stammte aus Werne /Lippe im Münsterland. Er und seine 3 Geschwister verloren sehr früh ihre Eltern, die als Kötter dort gelebt und gearbeitet hatten. Die Kinder wurden in alle Winde zerstreut: als erster der Familie verließ Heinrich I, wegen seiner roten Haare der "raue Hinnik" genannt, das Dorf Werne, wo er als Knecht gearbeitet hatte. Er war sehr jähzornig  und hatte seinen Bauern mit einer Sense tätlich bedroht und attackiert. Zu Fuß wanderte er bis Hamm, dann bis Wanne und später nach GE, um im Bergbau Arbeit zu finden. Er fing bei der Zeche Pluto (Schacht Wilhelm) als Bergmann an. 

Foto: 
Die Zeche Pluto, Schacht Wilhelm, an der Grenze von Wanne-Eickel nach Gelsenkirchen gelegen, im Jahr 2000


 



1871 erwarb Heinrich Niehues das Grundstück Erdbrüggenstr. 86-88 und das Haus, das damals schon darauf stand, das jetzige Kirchhelle-Haus (Foto). Dieses Haus, erbaut wahrscheinlich 1868, war nur 3/4 so groß wie das heutige Vorderhaus, es war nur der östliche Teil des heutigen Gebäudes. H. kaufte es von einem jüdischen Makler, der damals in der Hüller Mühle ganz in der Nähe wohnte. Die Straße hieß 1895 "Horster Straße". Der Stadtteil "Auf der Horst" grenzte am heutigen Marienhof an die "Braubauerschaft", den heutigen Haverkamp. Ab 1903 hieß die Straße "Marienstraße", ab 1937 "Erdbrüggenstraße".

Das Foto zeigt Hinniks Haus #88 im Jahre 1918, auf der Haustreppe sein Sohn  Hermann und dessen Frau Emma, umgeben von Hausbewohnern und Nachbarn. Das Schaufenster ist für den kleinen Laden, der eine Zeitlang dort war. Auf dem Gehsteig vor Hinniks Haus ist ein überdachter Brunnen gebaut mit einer Welle, an der man an einer Kette den Wassereimer hinunterlassen konnte. Daneben stehen hohe Ulmen. Im Hintergrund sieht man den Stall des Nebenhauses und den Giebel des Hauses, in dem seit etwa 1908 Kleine Omas Familie, die Smoczyk-Familie wohnte (davon wird später noch gesprochen werden.), dahinter Engels Haus.


Das Grundstück vom rauen Hinnik erwies sich als zu groß und sicher auch zu kostspielig für ihn. Sein Bruder Johann I Niehues (ca *1845) war verheiratet mit Elisabeth Schwert. Heinrich überredete ihn, aus Werne nach GE zu kommen, und verkaufte ihm das Grundstück Erbrüggenstr. 86. Das Ehepaar kam wahrscheinlich mit Sack und Pack in GE an und mit der Aussteuertruhe auf einem Pferdefuhrwerk

Foto oben: Elisabeth Schwerts Aussteuertruhe

Wilhelm und ich haben sie gemeinsam restauriert, eine Runddeckel-Truhe aus Eichenholz. Die Eckverbindungen sind ohne Leim, Schrauben oder Nägel gezinkt, sodass man das hübsche Schwalbenschwanz-Muster sieht. Die 4 Bretter des Deckels sind mit Holzstiften auf dem Rahmen befestigt. Der Deckel bietet in seiner Wölbung zusätzlichen Stauraum, vielleicht für plusterige Federbetten?

Gebeizt ist die Truhe in 2 Brauntönen, in einer einfachen, aber wirkungsvollen hell-dunkel Farbigkeit. Aus dem Holz der Vorderseite sind in Flachrelief Ornamente ausgehoben. Besonders beeindrucken mich die zwei großen Augen, die wahrscheinlich über die Dinge in der Truhe wachen und Diebe abschrecken sollen.

Aus http://www.holz-technik.de 
Zinken ist eine traditionelle Eckverbindung. Zinken eignen sich hauptsächlich zum Verbinden von Vollholz. Bei der einfachen Zinkung sind die Zinken auf dem einen Brett und die Schwalbenschwänze auf dem anderen Brett sichtbar. Sie dienen gleichzeitig als schmückendes Element. Durch die keilige Zinkenform zieht sich diese Holzverbindung schon ohne Leim zusammen.

 


Hier sieht man den Brunnen vor dem Haus des "Rauen Hinnik" irgendwann in den Jahren vor Kriegsbeginn 1939. Ida Kirchhelle, eine Enkelin von Hinnik, holt gerade Wasser. Die Stämme der Ulmen sind deutlich dicker geworden, sie wurden einige Zeit später gefällt. Auf der anderen Straßenseite stehen Haus und Stallungen des Kötters Meier, die inzwischen längst verschwunden sind. Im 2. Weltkrieg bot hier ein "Splittergraben" den Anwohnern ein bisschen Schutz vor Bombensplittern.


 

Eine Tafel am Haus des "Rauen Hinnik" erzählt uns ...


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