Der
Jammer des Krieges
Peter
Marnach schreibt während des Russlandfeldzugs Napoleons
an die Seinen in Marnach
Glogau in Schlesien,
am
20.
Dezember 1812
Vielgeliebte
Vatter und Mutter und Geschwisterten ,
Ich
kann nicht unterlassen euch ein paar zeilen zu schreiben, indem ich
meine sinn und gedanken an euch nur sein, und kann doch nicht wissen wie
ich so unglücklich bin daß ich schon so oft an euch geschrieben und
noch niemals eine antwort hab erhalten können. nun thue ich euch jetzt
und schreibe zum letzten mahl, wenn ich diesmal keine antwort erhalten
kann, so weiß ich leider kein rath zu schaffen.
Ich
muss euch unbedingt ein paar Zeilen schreiben, weil ich immerfort an
euch denke. Ich kann mir nicht erklären, warum ich bisher schon so oft
an euch geschrieben habe und doch unglücklicherweise niemals Antwort
bekam. Ich tu es jetzt noch einmal, zum letzten Mal. Wenn ich diesmal
wieder keine Antwort bekomme, dann weiß ich leider keinen Rat mehr.
Nun
liebe Eltern ich thue zu wissen, daß ich in Rußland bey der ich großen
Armehe bin gewest und hab viel Hunger nnd durst erlitten, mehr als ich
euch schreiben kann, am ende aller meiner missehr, ist mir mein pfert
unter mich tod geschossen worden, also bin zurück aus rußland heraus
nach Warschau oder die haubtstatt von pohlenland kommen,
Abb.:
Donatus in den Ardennen, einer der Nothelfer, Foto Wilhelm Niehues
Nun,
liebe Eltern, teile ich euch mit, dass ich in Russland bei der großen
Armee gewesen bin und viel Hunger und Durst gelitten habe, mehr als ich
euch beschreiben kann. Am Ende meines Elends wurde mein Pferd unter mir
erschossen. Deshalb kam ich von Russland nach Warschau, in die
Hauptstadt Polens.
daß
mir wieder andere pferte haben grüchen sollen, nun gabs aber keine so
großen pferte für uns, da müsse mir nach Klogaus, wo mir auf der
reise sehr viel kälte ausstuhnte, so daß mir die zehen von füßen und
finger von henten und ohren verfrohren sein,
Hier
sollten wir neue Pferde bekommen. Bloß gab es dort keine großen Pferde für uns. Deshalb mussten wir nach Glogau. Auf der Reise dorthin
standen wir so eine Kälte aus, dass mir die Zehen an den Füßen
und die Finger an den Händen und auch die Ohren erfroren sind.
und
durch das viele reisen, bald hier bald dort
(und ich nicht viel hab können nachstehen), ist mir mein
mantelsack mit sambt was drinnen war verlohren
gegangen,so daß ich ganz arm bin ..........
Durch
das viele Reisen hin und her (und ich konnte doch nicht weit
zurückbleiben), ist mir mein Mantelsack mit seinem gesamten Inhalt
verloren gegangen, so dass ich nun ganz arm bin.
also
liebe Eltern, wan ich euch bitten dörfte, daß ihr mir etwas in geld thäte
schicken daß ich mir könnte 2 hemder
und hosen und strümpf und andere nothwendige sachen könnte
anschaffen. Weiter weiß ich nichts neues zu schreiben als ich lasse
euch viel hundert und tausendmal grüßen und verbleibe euer getreuer
sohn
Also
liebe Eltern, wenn ich euch bitten dürfte: schickt ihr mir etwas Geld,
damit ich mir 2 Hemden anschaffen könnte, und Hosen, Strümpfe und was
ich sonst noch brauche. Weiter weiß ich nichts Neues außer:
ich
lass euch viel hundert- und tausendmal grüßen und bleibe euer getreuer
Sohn
Peter Marnach
Im
März des nächsten Jahres schreibt Peter ein letztes Mal an seinen Vater
in Marnach,
diesmal aus Hannover, um wiederum seine Not mitzuteilen. Was nachher mit ihm geschehen ist, ob
er in Gefangenschaft geraten oder im Krieg gefallen ist, weiß niemand.
Wappen
des Ortes Marnach, Foto: Wilhelm Niehues
|