In DuisburgAnna-Maria Böcking war eine Zeitlang auch in GE in Stellung, bevor sie Carl Rautenberg heiratete und mit ihm in Duisburg wohnte, dort zuerst "Am krummen Huk" in Homberg, dann in der Wörthstraße in Hochfeld. Sie wurde mit 40 Jahren Witwe und musste den Lebensunterhalt für sich und ihre 4 Kinder mit Waschen und Putzen verdienen. Um die Kinder nicht ohne Aufsicht zu lassen, nahm sie die Kleinen zuweilen sogar auf die Toilette mit. Gegen das Jahr 1910, als Annemaries Kinder gern
schulfreie Stunden am Rheinufer zubrachten, lebten im Strom noch Stör und Lachs
(Abb. aus Fische Europas, dtv). Heute ist der Lachs eine Delikatesse,
und es ist eine Zeitungsnotiz wert, wenn einer im Rhein gesichtet wird.
Einst
gab es ihn in solchen Mengen, dass die rheinischen Knechte und Mägde im
18. und 19. Jahrhundert sich in der Gesindeordnung ausgebeten hatten,
nicht öfter als zweimal wöchentlich Lachs vorgesetzt zu bekommen. |
Meine Großmutter hatte ihren Kindern derzeit streng . verboten, über den Rhein zu schwimmen, was ihre Söhne vom
Hochfelder Rheinufer aus gern taten. Sie wurden dabei von der Strömung
stets ein ganzes Stück flussabwärts getrieben, das musste man vorher genau
einkalkulieren und zuerst mal ein Stück flussaufwärts wandern. Es war für die Jungen ein Spaß
und sicher auch eine Mutprobe, die gefährlich werden konnte. Heimlich
taten sie es doch und vertrauten darauf: "Das merkt Mama bestimmt
nicht!" Die schien aber allwissend zu sein und stellte stets
vorwurfsvoll fest:
"Du warst ja schon wieder im Rhein schwimmen!!!" Woran erkannte sie das bloß? Was meine Großmutter verschwieg: wenn die Kinder sich nach
dem Bade hastig am
Ufer anzogen, ließen sie stets in der Eile die Socken auf links gewendet.
Das verriet die Übeltäter.
Kleiner Exkurs: Der Rhein heute
Abb.: Der Rhein bei Duisburg |
Im Industriezeitalter nahm die Verschmutzung des Rheins immer mehr zu, und keiner hätte mehr darin schwimmen mögen, wie damals die Kinder meiner Großeltern. Der letzte Stör wurde 1926 aus dem Fluss gefangen, er ist im Rhein für immer ausgestorben. (Abb.) Im Jahr 2002 jedoch lesen wir erfreut: Dienstag 16. Juli 2002, 16:13 Uhr |
Was ist aus Annemaries Kindern geworden?
Zwei Söhne meiner Großeltern wurden Musiker (Karl und Hans), einer fiel im 1.Weltkrieg als Soldat mit 20 Jahren (Walter), ihre einzige Tochter war Mimi, meine Mutter. Meine Großmutter war recht stolz auf ihre Kinder. Nur ihr Jüngster, Hans, samt seiner Familie ging nach ihren Vorstellungen zu verschwenderisch mit seinem recht üppigen Einkommen um. "Sie singen mir zu oft 'Taler, Taler, du musst wandern'", bemerkte sie gelegentlich, was ich als Kind wörtlich nahm und mir die ganze Familie vorstellte, wie sie im Gänsemarsch um den Tisch marschierte und dabei das besagte Lied sang. Was sollte daran schlimm sein? ... Anna-Maria lebte im Alter bei uns in Gelsenkirchen. Sie starb 75-jährig im Krieg, 1944 in Arnsberg. Auch Enkel und Urenkel meiner Großeltern beschäftigen sich mit der Musik. Sie sind eine Bestätigung, dass musikalische Begabung vererbbar ist. Sie arbeiten als Pianist und Arrangeur, Kontra- und E-Bassist, Schlagzeuger, Musikwissenschaftler, Schulmusiker und Kirchenmusikerin. Fotos: Annemaries
Kinder
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