Das Taufkleidchen der Marnach-Kinder
Das Taufkleidchen der Marnach-Kinder
ist aus feinem weißen
Hemdentuch
(Linon). Es hat Verzierungen in Lochstickerei. Das
Oberteil ist wie ein
Turnhemdchen
geschnitten, mit 2 horizontalen
Lochstickerei-Bordüren in der Form
von Margeritenblüten. Das Röckchen
hat ein Schürzenteil aus
mehreren
einander
überlappenden
Stickerei-Volants, die links und rechts
von je einem Bogen-Volant eingefasst
sind. Früher hatte das Kleid auch
kleine verzierte Ärmelchen. Die
musste ich abtrennen,
weil sie den
Babys unserer Zeit zu eng waren.
Einst wurden die Kinder schon
möglichst früh nach der Geburt
getauft, aus Sorge, sie könnten "als Heidenkinder" sterben und so keinen
Zugang zum Himmel finden. In Irland
sieht man übrigens deshalb am
Wegesrand manche Grabhügel, die
nur von einem Feldstein bezeichnet
werden. Dort sind
Säuglinge
bestattet, die, weil ungetauft, kein
Anrecht auf ein kleines Grab in
geweihter Erde hatten.
Bis vor einigen
Jahren wurden selbst im weniger
"frommen" Deutschland ungetaufte
Kinder an der Kirchhofsmauer oder
außerhalb des Friedhofs
beerdigt.
Zum Glück vertrauen wir heute eher
auf Gottes Weisheit als auf unbarmherzige kirchliche Vorschriften. Wir lassen uns etwas Zeit bis zur Taufe, damit die ganze Familie
samt Eltern, Großeltern und Geschwistern des Taufkindes an der Feier teilnehmen
kann ... und eben aus diesem Grund habe ich die Ärmelchen abtrennen müssen.
Gegen Ende der 1800er hatte meine Großmutter
dieses Taufkleidchen erstanden. Alle ihre Kinder wurden darin
getauft, auch mein Vater Heinz Marnach und sein Bruder Paul.
In der ersten Hälfte der
1900er, als sich der 2. Weltkrieg bereits ankündigte, wurden ich und 3
Jahre später mein Vetter Kai darin getauft.
In der 2 Hälfte der 1900er
wurden unsere drei Söhne darin getauft ...
...und gegen das Jahr 2000
hin 3 unserer Enkel, bis jetzt 4 Generationen! 
Abb. oben: ... Auf den Saum des Taufkleids sind innen
alle Namen der darin getauften Kinder eingeschrieben.
Eine Anekdote am
Rande:
In Südengland kann man
in Helston die "Victorian Village" bestaunen, eine
nachgebaute Stadt aus der Zeit der Queen Victoria (regierte 1837
bis 1901),
Wohnhäuser mit Räumen für die Herrschaft, mit Kinderzimmern,
Räumen für die Dienerschaft und Wirtschaftsräumen, dann Geschäfte,
eine Schmiede, Lebensmittel&Delikatessen, Petroleumhandlung (mit echtem
Petroleum-Duft!) Waschküche (wo es nach Schmierseife riecht), Schneiderwerkstatt,
Apotheke, Putzmacherei, Buchladen und vieles mehr ...
Im Schaufenster eines Weißwäsche-Ladens mit feinen Oberhemden für den Gentleman, Blusen und
Spitzenunterröcken für die Lady, weißen Schürzchen für das
Stubenmädchen lag auch ... ich traute meinen Augen nicht! ... ein Taufkleidchen,
haargenau dasselbe Modell wie das der Marnach-Kinder! Feines
weißes Hemdentuch, Lochstickerei um ein schürzenartiges Vorderteil
(siehe Abb. oben)! Meine Großmutter hatte offensichtlich ein
britisches Modell aus der Epoche von Queen Victoria gewählt. Es war auch sehr
praktisch: dekorativ und üppig von vorn, schlicht auf der Rückseite,
wo sowieso das Baby mit seinem dicken Windelpuck alles plattdrückte ...
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