Im Umland der Hütte


Die Dienstwohnung Ostkirchstraße (Berghofer Straße)

Aplerbecker Hütte (Bereich Hütten-, Ostkirchstraße) um 1910, Kalender des agv, 1997


Das von dunklem Laubwerk fast verdeckte 2stöckige Haus in der linken Hälfte des Fotos, gegenüber vom Bahnhof Aplerbeck-Nord, könnte/müsste es gewesen sein, wo die Familie 1896 einzieht ... Max berichtet nämlich von "einem Haus, genau gegenüber dem Bahnhof" und von "Kastanienbäumen, die die Räume an der Hinterfront dauernd im Schatten hielten..." 

Auch heute, am Palmsonntag des Jahres 2000, stehen an dieser Stelle wieder Kastanien und tragen ihr frisches Frühlingsgrün! Vom Haus dagegen ist keine Spur mehr zu finden ... Auf Abbildungen der Hütte ist es seit 1911 verschwunden.

Man kann auf diesem Foto den Einlass zum Hüttengelände sehen, an der Ecke Hütten- und Ostkirchstraße, wo er auch jetzt  noch ist. Das Anschlussgleis von der Hütte zur Königlich-Preußischen Eisenbahn führt seinerzeit hindurch.


Hüttengelände am Bahnhof Aplerbeck-Nord

Auf dieser alten Abbildung oben (~1859) ist die Blickrichtung genau entgegengesetzt. Man sieht von der Wittbräucker Straße in die Hüttenstraße hinein: links Hüttengelände, Hüttenweg, rechts Bahngleise u. Bahnhof Aplerbeck-Nord. Das einzeln stehende 2geschossige weiße Haus, an der Ecke der heutigen Hütten- und Ostkirchstraße (früher Berghofer Straße), muss die Dienstwohnung meines Großvaters  gewesen sein. - 

Der Werkseingang scheint damals an der Hüttenstraße gewesen zu sein, zwischen dem erwähnten Haus und den langgestreckten Fabrikhallen davor. 

Das Werksgelände der Hütte, im N begrenzt von der Eisenbahnlinie Dortmund-Unna, im W von der heutigen Ostkirchstraße, durchschnitten von der Wittbräucker Straße


 

Der MARNACH-Wohnsitz liegt auf dem ältesten, bereits 1856 durch die Hütte erworbenen Grundstück und stammt sicher aus einer sehr frühen Zeit. Bevor die Familie dort einzieht, ist er wahrscheinlich als "Menage" (lat.-gallorom.-franz. für Haushaltung) genützt worden, wo beim Bau der Hütte 1857 und später die zahlreichen auswärtigen Arbeiter untergebracht waren. Wir würden es heute Wohnheim nennen, das ein Hausmeister bewirtschaftet und in dem die Arbeiter in 3er und 4er-Gruppen wohnen und beköstigt werden. 

Entweder besteht 1895 im Auf und Ab der Hütte gerade mal kein Bedarf für eine solche Menage, oder man hat eine größere gebaut und das alte Wohnheim steht leer. Leider kann mir niemand etwas darüber erzählen, so viele ich auch fragte in Aplerbeck ...

Diese  Wohnung  muss 1895 erst noch "geräumt und renoviert" werden. Die Familie bleibt hier 1896-1904. Das bedeutet für Heinrich und Maria mit ihren 5 Kindern und allem was sonst noch zur Familie gehört, samt Hunden, Zwerghühnern und Tauben, fast ein Jahrzehnt auf einem Hüttengelände zu wohnen, wo Tag und Nacht geschäftig und geräuschvoll gearbeitet wird. 


Foto: Büro um 1900, http://www.daserste.de/abenteuer1900 

Mein Großvater hat nun seinen Arbeitsplatz gleich vor der Haustür und  ist stets verfügbar bei Problemen der Produktion. Er nimmt mehrere Patente auf Neueinrichtungen, die vom Werk angekauft und verwertet werden. 

Er schafft oft bis spät in die Nacht an seinen Plänen und Zeichnungen, arbeitet sehr engagiert und zuverlässig und stellt hohe Ansprüche an sich selbst wie auch an seine Mitarbeiter. Das bringt ihm wegen seines kühl-kritischen Blickes durch scharfe Brillengläser bei den Hüttenarbeitern den Namen "Uhlemann" ein. Er besucht regelmäßig Messen und Ausstellungen, um technische Entwicklungen zu beobachten. Er ist "mit seiner Arbeit verheiratet", und das 16 Jahre lang! So lange arbeitet er für die Aplerbecker Hütte.

 

Fast möchte man annehmen, dass seine Rückkehr nach Dortmund im Jahr 1911, wo er wieder freiberuflich als Civil-Ingenieur wirken will, - er ist inzwischen fast 60 Jahre alt -  auch eine Rückkehr ins freie Leben ist.

Foto: Zurück in Dortmund! Heinrich 60jährig, sehr elegant!


Im schattigen Garten




Foto: Im schattigen Garten auf der Hütte sitzen Maria und Heinrich um 1900 mit ihren Kindern Martha und Heinz. Besuch ist da: die Großmutter und Onkel Ludolf, Marias Bruder. Unter dem Tisch der Foxterrier Schnipp.


 

Max erzählt: "1896 war die Wohnung auf der Hütte geräumt und renoviert. Die Familie konnte einziehen." 

"Das Haus hatte 26 Zimmer und war 2-geschossig erbaut, mit einer Raumverschwendung, die man sich nur damals erlauben konnte. Neben der 5-stufigen Freitreppe zum Haupteingang war eine Fachwerk-Veranda angebaut, eine stilwidrige Geschmacklosigkeit des Werksarchitekten KOLSTER." 

 

 

 

 

"Das Gebäude lag direkt auf dem Gelände der Eisenhütte, genau gegenüber dem Bahnhof. Es war umgeben von einem alten Park mit Kastanienbäumen, die die Räume an der Hinterfront dauernd im Schatten hielten..."

 

 

 

Ein Weg, von 2 hohen Mauern umgrenzt, trennte uns vom Gelände der Eisenbahn. Dieser Hüttenweg, "tüschen de Müern" genannt, [heute Hüttenstraße], führte von der Märkischen [Wittbräucker] Straße zum Werkseingang und zu den Büros. Auf seinem nördlichen Teil war das Anschlußgleis zur Hütte, westlich davon der Hof des Bauern BÖSE, mit dessen Kindern Josef und Anna wir schnell Freundschaft schlossen."

 

Fotos: Wohnung um 1900, http://www.daserste.de/abenteuer1900 


 



Auf der Terrasse:  
Maria (2. von links) und Heinrich haben Besuch. Im Jahre 1901 im Haus auf der Aplerbecker Hütte. Zögernd beginnt die Kapuzinerkresse, am Gitter hochzuklimmen.



 

 

 

Eines Tages kommt Maria zurück mit dem Zug aus Dortmund, sie hat eingekauft. Aufgeregt rennt ihr der Stationsvorsteher entgegen: "Frau Direkter, Frau Direkter! Alle ihre Kinder sind aus dem Fenster gesprungen, oben aus dem 1. Stock!" 

 

 

 

 

O Schreck, was ist geschehen? Was der Beamte nicht sehen konnte wegen der Mauer am Grundstück: ein gewaltiger Sandberg ist morgens abgeladen worden, gerade unter den Fenstern des ersten  Stockwerks. Gott sei Dank, die Kinder sind alle gesund!

 

Fotos: Kinderzimmer, http://www.daserste.de/abenteuer1900 


 

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