Keltisches Christentum


St Buryan, die Weiße Hexe

Bis heute waren wir viele Male in den Ferien in Cornwall, wurden vertraut mit dem Land, und ab und zu erfuhren wir auch mehr über Saint Buryan. Sie soll hier stellvertretend für die keltischen Heiligen stehen, weil ich über sie am meisten weiß und im Laufe der Jahre ihr Fan geworden bin. Sie wird genannt "Buryan, the White Witch", auf den Britischen Inseln eine sehr respektvolle Bezeichnung für eine kompetente Frau.  Die Weiße Hexe ist lebenstüchtig, kennt die Beschwörungen (spells), die Heilkräuter, die Kräfte der Gestirne und der Erde und der heiligen Quellen, in denen die kleinen Babys auch heute noch getauft werden. Und deren Wasser Krankheiten und Kummer heilen kann. (Die Schwarze Hexe ist dagegen ein Zauberin, die den Mitmenschen Schlechtes zufügt. Genau wie es auf den Britischen Inseln den Begriff der guten Weißen Magie und der schlechten Schwarzen Magie gibt.)


 

 

 

 

 

 

 





Illustration von Courtney Davis

Eine der Holy Wells, wo heute noch Babys getauft werden, und wo Krankheiten und aller Kummer geheilt werden.

 




Buryan wusste Rat in Konfliktsituationen, wusste zu trösten bei vielen Problemen. Sie konnte beten und kannte die Segenssprüche, die auch bei uns immer beliebter werden: Reisesegen, Segen beim Anzünden des Feuers, Segen zur Nacht... Oft klingen sie wie Zaubersprüche und Beschwörungen.

 

Segen beim Anzünden des Feuers

Ich will anz
ünden mein Feuer diesen Morgen
mit dem Beistand der heiligen Engel des Himmels,

mit dem Beistand Ariels in holdester Gestalt,
mit dem Beistand Uriels mit seinen tausend Wunderkräften,
ohne Arglist, o
hne Neid, ohne Missgunst,
ohne Furcht, ohne Schrecken 
vor irgendwem unter der Sonne,
denn der heilige Sohn Gottes behütet mich.

Gott, entzünde tief in meinem Herzen
die Flamme der Lie
be zu meinem Nächsten,
zu meinem Feind, zu meinem Freund,
zu allen meinen Verwandten,

zu den Klugen und den Dummen,
zu den Freien wie zu den Knechten,
o Sohn der liebreichsten Maria,
zum geringsten Gesc
höpf auf Erden 
bis hin zu dem Namen,
der  erhabener als alle ist.


Buriana wird im keltischen Cornwall bis heute verehrt. Sie kam gegen 500 n.Chr. aus Irland hierher, im "Zeitalter der keltischen Heiligen" - so nennt man hier das 1. Jahrtausend - und war eine große Heilerin. Aus privilegierter Familie stammend hatte sie selbstverständlich daheim eine ausgezeichnete Erziehung und Bildung genossen (lesen und schreiben zu können war damals außergewöhnlich), was später ihr und ihrer kleinen Gemeinde in Cornwall zugute kam. 

Fromme Männer und Frauen waren schon vor ihr gekommen, andere kamen noch nach ihr. Allen gemeinsam war: sie lebten unabhängig von Obrigkeiten in äußerster Einfachheit und Armut, um Gott und ihren Mitmenschen zu dienen. Alle liebten die Natur als Gottes wunderbare Schöpfung:

Ich steh heute auf
durch die Stärke des Himmels: 
das Licht der Sonne, 
den Glanz des Mondes,
den Schein des Feuers, 
die Raschheit des Blitzes, 
die Schnelligkeit des Windes, 
die Tiefe der See, 
die Festigkeit der Erde, 
die Stärke des Felsens.

aus "St. Patricks Brustschild", Irisch


St. Buryan's Church, Cornwall. Foto: M. Niehues


Eine keltische Quellen-Geschichte

von Sandy Maclennan 

Als ich noch jung war, das ist lange her, fuhren am ersten Sonntag im Mai Busse zur Cloutie Well, 4 Meilen entfernt von Inverness, um die vielen Menschen zu befördern, die dort ihre Andacht verrichten wollten. Eine Silbermünze in die Quelle geworfen, ein Schlückchen Wasser, drei Runden deosil, ...

 
("deosil" bedeutet eine Bewegung im Uhrzeigersinn und damit in der Richtung des Sonnenumlaufs. Die Sitte stammt aus vorchristlicher Zeit und soll die Kräfte der Sonne herabrufen. Die Dreifache Runde bringt Segen, Glück, Gesundheit und Erfolg.) 

... und ein Fetzen Stoff an einen Baum in der Nähe gebunden, fertig war das Ritual. Es war ein sehr alter Ritus, daran gab es gar keinen Zweifel. Aber nur wenige Teilnehmer wussten, wie alt er war. Sein Sinn war im Dunkel der Vergangenheit in Vergessenheit geraten, kam aus einer Zeit lange bevor wir durch Geschichten aus dem Orient verführt an die Kette gelegt wurden. Vier Jahrhunderte lang hatten wir den römischen Legionen Widerstand geleistet. Und dann unterwarfen wir uns doch den neuen (päpstlichen) Sendboten Roms. Doch das ist  eine andere Geschichte ... Jahrhunderte gingen ins Land. Aber das Quell-Ritual dauert fort. Immer noch sieht man überall im keltischen Reich die Zeugfetzen  an den Bäumen flattern. (...)

Foto: Mit Zeugfetzen behängte Bäume an einer heiligen Quelle


In einem modernen keltischen Gebet (caim oder circle prayer) beschreibt man mit dem Zeigefinger einen Kreis um sich selbst in der Richtung des Sonnenumlaufs (deosil) und betet dabei: 

Zieh einen Kreis um mich, Herr! 
Nah sei mir dein Schutz, weit weg sei Gefahr. 
Zieh einen Kreis um mich, Herr! 
Lass Hoffnung herein, lass Zweifel draußen! 
Zieh einen Kreis um mich, Herr! 
Nah sei mir dein Licht, weit weg sei Dunkelheit! 
Zieh einen Kreis um mich, Herr! 
Der Friede sei drinnen, das Böse bleib draußen!


< In Cornwall                                                                        Das Kirchlein der Buryan >

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