Spuk in den Highlands
nach "Haunted Scotland" und "The Unexplained",
übersetzt, gekürzt und bearbeitet
von Marlies Niehues
Geschichten aus alter Zeit ...
Gespenster
Die
Highlands sind in ihrer Schönheit und Einsamkeit voller Geheimnis. Die
Rätsel ihrer
Steinkreise, Dolmen und Standing Stones können wir
bis heute nicht lösen. Auch die lange, oftmals blutige Geschichte
Schottlands ist ein fruchtbarer Boden für Unerklärliches,
Geister und Spuk. In den meisten schottischen Burgen spukt es, in
mehreren erscheint die unglückliche Mary, Queen of Scots, in anderen
hört man einen Poltergeist (dieses deutsche Wort gebrauchen die Briten
tatsächlich!), Jammern und Wehklagen. In Glamis Castle z.B. sieht
man den Geist
der 1537 als Hexe verbrannten schönen Schlossherrin in einem rötlichen
Schein über dem Uhrenturm schweben. Danach spukte es in allen Ecken der
Burg. An
diesem Ort soll auch im Jahr 1040 Macbeth, der Thane
von Glamis, König Duncan ermordet haben (wie wir seit Shakespeare
wissen). Und es ist der Geburtsort der
unverwüstlichen, kürzlich verstorbenen Queen Mum ... Auch auf mehreren schottischen Schlachtfeldern geht es
um, von denen die bekanntesten Glen Coe und Culloden sind.
So erzählt Fontane in seinen Wanderungen durch
Schottland:
"In der Tat, ich möchte den sehen, der ... nach Inverness reiten
kann, ohne Gespenstern begegnet zu sein. Meilenweit kein Baum, kein
Strauch; die Grampians rechts, ein Gebirgsbach links: nichts hörbar als
das Rauschen des Wassers und der Hufschlag des eigenen Pferdes; über
den Weg fallen wechselnd die Bergschatten, und ein Schneehuhn fliegt
auf. Wer solchen Ritt machen kann, ohne die Hexen Macbeths um eine
Bergwand biegen zu sehen, der hat sich selbst sein Urteil gesprochen ...
Das Pferd mit der Feuermähne; der blasse Mann, der dann und wann seinen
Kopf abnimmt; die große Hand, die brennende Lichter auf den Tisch
stellt oder das Gegenstück dazu, die drei Paar Füße, die schottisch
tanzen und mit den Hacken zusammen schlagen ... "
Foto oben: Standing Stones in den
Highlands
(Foto von Chris Tweed, http://www.henge.org.uk)
darunter: Auf dem Weg nach Inverness
Glen Coe, das Tal des Weinens
Die Landschaft von Glen Coe (Tal des Weinens) in
den Highlands macht einen ernsten, feierlichen Eindruck. Hier wohnte
einst der Clan McDonald, der im Februar des Jahres 1692 während eines
Schneesturms die Campbells beherbergte, auch wenn die beiden Clans
einander nicht herzlich zugetan waren. Aber die Gastfreundschaft
verpflichtete dazu. 10 Tage lang gaben die McDonal ds
den Campbells Unterkunft und bewirteten sie aufs beste. Ihre rechtschaffene
Gesinnung wurde ihnen nicht gedankt: Auf königlichen Befehl wurden die
McDonalds auf brutale Weise von den Campbells niedergemetzelt. Jeder,
der jünger war als 70, wurde "ans Schwert geliefert". Von
denen, die über die Hügel entkommen konnten, mussten viele verhungern
oder erfrieren. Damals wurde der Clan McDonald nahezu ausgerottet.
Foto: Glen Coe
Massacre
of Glencoe, sung by The Corries, video on youtube
http://www.youtube.com/watch?v=8cPitxtk4m0
1. They came in a
blizzard, we offered them heat
A roof for their heads, dry shoes for their feet
We wined them and dined them, they ate of our meat
And they slept in the house of MacDonald.
Chorus:
O, cruel was the snow that sweeps Glencoe
And covers the grave o' Donald
O, cruel was the foe that raped Glencoe
And murdered the house of MacDonald
2. They came from Fort William with murder
in mind
The Campbell had orders King William had signed
"Put all to the sword" these words underlined
"And leave none alive called MacDonald"
Chorus:
3. They came in the night when the men were
asleep
This band of Argyles, through snow soft and deep
Like murdering foxes amongst helpless sheep
They slaughtered the house of MacDonald
Chorus:
4. Some died in their beds at the hand of
the foe
Some fled in the night and were lost in the snow
Some lived to accuse him who struck the first blow
But gone was the house of MacDonald
Chorus:
Culloden
Moor
Eine
für Schottland schicksalhafte Schlacht war 1746 in Culloden
M oor. Davon werden auch die allermeisten Gespenstergeschichten
erzählt. Bonnie Prince Charly, der Hoffnungsträger der Schotten,
startete einen Versuch, den schottischen Thron für die Stuarts (Jakobiten)
zurück
zu erobern. In Culloden endete dieser Versuch mit einer katastrophalen
Niederlage für die Schotten, die halbverhungert und total erschöpft gegen die 3-fache Übermacht der
Engländer kämpfen mussten und besiegt wurden. Gefangene und Verwundete
wurden von den Engländern exekutiert. Soldaten der Highlands, die nach Inverness zu fliehen suchten, wurden
verfolgt und umgebracht,
ebenso Unbeteiligte am Wegesrand und viele Frauen und Kinder.
Der
Duke of Cumberland, the Butcher (der Metzger) genannt, hatte
dazu den Befehl gegeben. Am
Abend dieses Tages zählte man 4000 Tote.
Der Bonnie Prince entkam ins schottlandfreundliche Frankreich. Er starb
1788 verlassen in Rom. - Die
Highlander wurden in der folgenden Zeit entwaffnet, viele enteignet, die
gaelische Sprache sowie Dudelsackspiel und das Tragen des Tartans verboten, das
Clansystem zerschlagen, die alte Kultur zerbrochen.
Abb.:
Bonnie Prince Charly
Gillan's
Way
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Foto: An der Spey-Mündung, Photograph supplied by Richard Playle, Port Gordon
P.O.
Wo im Norden die Grampians an die See grenzen, ist die flache Küste zu beiden Seiten der Spey-Mündung eine
einsame verlassene Gegend. Hier erzählen sich die Leute gern Geschichten von
übernatürlichen Erscheinungen. Es gibt im
Wald den schwarzen Hund mit Augen so groß wie Whisky-Gläser, den Roten
Fischer, der einem den nahen Tod anzeigt, und den alten Landlord, der
sein Stück Heidemoor mit dem Breitschwert bewacht.
Am populärsten ist aber heute wie vor fast 200 Jahren die Geschichte vom
Geist des Alexander Gillan, der in dem unbewohnten Moor namens
Muir of Stynie spuken geht. Sogar Waldarbeiter und
Wildhüter meiden diese Gegend nach Sonnenuntergang, weil sie
befürchten, dem Gespenst zu begegnen auf einem Pfad, der als "Gillan's
Way" allgemein bekannt ist.
Dieser Alexander Gillan verdiente seinen Unterhalt als Landarbeiter und lebte für
sich allein in einem kleinen Flecken mit Namen Lhanbride, ein paar
Meilen östlich von Elgin. Die Nachbarn sagten, er sei ein irischer
Einwanderer und misstrauten ihm, andere meinten, er sei früh verwaist
und ein bisschen geistig behindert. An einem nebligen Abend im August 1810
verschwand hier ein 10-jähriges Mädchen namens Elspet Lamb auf dem Weg
ins Nachbardorf. Am nächsten Morgen wurde die ganze Gegend durchkämmt, die Moore
und Wälder durchsucht. In der Kirche von Lhanbride beteten die Leute für
das Kind, auch Alexander Gillan. Die Jäger setzten Spürhunde ein, und
bald war das Kind gefunden, in einem Dickicht in Muir of Stynie, mit
zerschmetterten Schädel, wie sie sagten. Bei der Roten Kirche von
Lhanbride (Foto) nahmen bewaffnete Männer nach dem
Gottesdienst Alexander Gillan fest, der seine "beste
Sonntagshose trug". Eine blutgetränkte Hose war in einem Graben
ganz in der Nähe gefunden worden. Er wurde angeklagt wegen
"Belästigung und Ermordung" von Elspet Lamb und nach
Inverness gebracht, wo er 3 Monate eingekerkert blieb.
Die
Gerichtsverhandlung dort führte unglücklicherweise Charles
Hope (links), ein
mieser Emporkömmling, der sich als Politiker beim schottischen Landadel wegen "seiner
Unbestechlichkeit und seiner guten Manieren" beliebt gemacht
hatte. Wenn er
aber als Richter auftrat, war er zu den Angeklagten unbarmherzig hart
und brutal. Für ihn war Gillan eindeutig der Mörder, obwohl es eine
Menge Unklarheiten gab. (Waren es wirklich Gillans Hosen? Hatte der für
die Tatzeit vielleicht ein Alibi?) Der Angeklagte kam überhaupt nicht zu Wort. Er
hielt während der ganzen Verhandlung einen zerknitterten Zettel in
der Hand und versuchte verzweifelt darin zu lesen ... vergebens. In einer
wortreichen Anklage erinnerte der Richter an die besondere Schwere und
Heimtücke des Verbrechens, da Gillan sogar noch direkt nach der Tat in
die Kirche gegangen sei, um so einen frommen und gottesfürchtigen
Eindruck zu machen und seine Schuld zu vertuschen.
Das Urteil lautete auf Tod durch Erhängen, Gillan sollte am Ort
seiner Untat hingerichtet werden. Damit nicht genug! Ein Verbrecher wie
er dürfe nicht in geweihter Erde bestattet werden, sondern solle den
Mitmenschen als Abschreckung dienen. Deshalb solle sein Leichnam nach
der Exekution in Ketten hängen bleiben, "bis die Vögel des
Himmels sein Fleisch verzehrt haben und seine Knochen im Winde bleichen
und zerfallen ..."
Am Morgen des 14. November 1810 brachte man also Gillan auf einer
Karre von Inverness
(rechts) nach Muir of Stynie, ein Weg von 64 km. Dort war ein
4 Meter hoher Galgen aus Eichenholz errichtet. Daneben stand ein Käfig
aus Eisenband, mit Ketten und Schlössern. Auch jetzt kam der durch
die Haft sehr geschwächte Angeklagte nicht zu Wort. Im schwindenden Licht
des Winterabends "legte man ihm den Strick um den Hals, und er fiel
hinab in die Ewigkeit und hatte immer noch Zettel in der Hand, den er hatte vorlesen wollen." Sein Leichnam wurde sofort
danach vom
Galgen abgenommen und in dem Eisenkäfig wieder hochgezogen. Dann gingen
die Gerichtsdiener nach Hause über einen ausgefahrenen Weg, der bald danach
schon allgemein Gillans Weg genannt wurde.
Als der nächste Morgen heraufdämmerte, war die Leiche weg, der
Käfig war aber noch da. Ermittlungen in den Nachbardörfern brachten
nichts heraus.
Der Galgen und
der Eisenkäfig blieben trotzdem mehr als 100 Jahre an ihrem Platz. Das
solide Eichenholz, die rostigen Schlösser und Ketten hielten der
Verwitterung durch Seewind, Regen und Nebel stand und nervten mit ihrem Klirren
und Lärmen unaufhörlich die Anwohner.
Beim leisesten Wind begannen die Eisenteile zu klingen und zu rasseln,
gab es aber Sturm, dann pendelten die Ketten hin und her, das Metall kreischte und das Geräusch war
meilenweit zu hören.
Bald danach gab e s noch etwas, das die Dorfbewohner ängstigte.
Einige wollten an Gillans Weg seine nebelhafte Gestalt erspäht haben, wie
er sich im Schatten der Kiefern verbarg. Und noch Wochen nach seinem Tod
hatten andere den erwähnten Papierfetzen gesehen, der unter dem Galgen
vom Wind hin und her gewirbelt wurde. Aber keiner wagte ihn aufzuheben und
zu lesen.
Endlich entschloss man sich mehr als 100 Jahre nach der
Hinrichtung, im Jahre 1911, den Galgen abzureißen. Als man ein Loch
aushob, um die Balken zu vergraben, fand man menschliche Knochen,
offensichtlich die von Gillan. Eine mitleidige Seele musste ihn sofort
nach seinem Tod hier begraben haben. Man legte die Reste des Galgens dazu
und füllte die Grube wieder auf. Irgendjemand errichtete später ein
Kreuz. Man sagt, es sei aus einem Stück des Galgens zusammen gefügt
worden, steinharte, verwitterte Eiche.
Ein Farmer aus der Gegend berichtet:
"Meine
Großeltern wohnten in der Nähe vom Galgenplatz. Es verging kein Tag und
keine Nacht, erzählten sie, dass man damals nicht den Lärm gehört
hätte ... Als Kinder legten
wir manchmal im Sommer Blumen auf das Grab. Ein Wildhüter ertappte uns
dabei und wurde wütend, weil es nicht das Grab eines ehrbaren
Christenmenschen sei. Und heute? Ich komme selten her. Wenn ich zum Essen
in den Pub will, fahr ich mit meinem Traktor wohl über Gillans Weg. Aber
abends mache ich lieber einen Umweg. Es ist so deprimierend. Hier lastet schwarze Schwermut, besonders in der Dämmerung.
Kein Wild, keinen Vogel
sieht man hier. Es ist ein ganz verlassener Flecken."
Interessant ist, dass die meisten Landbewohner
respektvoll von Gillan reden:
"Er
war kein schlechter Kerl, trotz allem! Sie war einfach nicht das richtige Mädchen
für ihn. Sie war Elspets ältere
Schwester, er war ihr total verfallen. Und dann hatte sie ihm kaltschnäuzig den Laufpass
gegeben. Deshalb wartete er
abends am Wald auf sie, und bei Nacht und Nebel hat er die Falsche erwischt. Das
stand auch auf seinem Zettel, wie manche nachher zu erzählen wussten.
Deshalb nahmen sie ihn
vom Galgen und legten ihn in ein Grab. Sollte der Hochrichter doch sagen,
was er wollte! Wen kümmerts? ..."
Nach: The Unexplained, published by Parragon
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