Spuk in den Highlands

nach "Haunted Scotland", übersetzt, gekürzt und bearbeitet von Marlies Niehues


... und aus der Gegenwart

Der Highlander (1990)

In Culloden Moor nehmen manche heute noch in der öden Gegend die Schlacht wahr, bei der zwei Phantom-Heere gegeneinander kämpfen. (Dieselbe Erscheinung wird seltsamerweise auch von Tannenberg in Ostpreußen berichtet, wo 1410 der Deutschritter-Orden von den Polen besiegt wurde.) Man trifft öfter auf einen einsamen, erschöpften Highlander in  Kriegskleidung mit den Farben des Stuart-Tartans. 

 

Abb.: der Royal Stuart Tartan



John und Mary Andrews, ein Paar aus Inverness ganz in der Nähe von Culloden, berichten von ihrem Besuch dort 

"In der Stille über dem Schlachtfeld erklang plötzlich wie aus dem Nichts eine schwermütige Dudelsackmelodie. Dann hörte man das Stampfen von vielen marschierenden Füßen, dumpfen Trommelschlag, Kampfgeschrei, Schwerterklang und Musketenschüsse." 

Englische Rotröcke in geordneter Schlachtreihe kämpften gegen die sich verzweifelt wehrenden schottischen Clans, deren Männer in ganzen Scharen fielen. Mary und John mussten geschockt mit ansehen, wie einige Schotten versuchten, die englische Fahne an sich zu reißen und dabei umgebracht wurden, einer von ihnen war sicherlich nicht älter als 15 Jahre. Pferdehufe trampelten über ihre Leichen hinweg. Ihr Blut schien wie ein breiter Fluss mit dem Blut der anderen Gefallenen zusammen weithin über das Heideland  zu strömen. In diesem Augenblick vernahm man, wie ein großgewachsener Mann in Highlander Kriegstracht den Namen "Jamie" schrie, so laut, dass der Kriegslärm übertönt wurde und sein Schrei noch lange in der Luft hing. Da stoppte das Geschehen plötzlich, "als wenn man den "freeze" Knopf an einem Video-Recorder gedrückt hätte."

Vor dem Hintergrund der bewegungslosen Szenerie stand der Highlander und wandte sein qualvolles Gesicht John und Mary zu. Er war weit über 1,80 m groß und trug ein gewaltiges "Bihänder=Zweihänder" Schwert, von seiner linken Schulter tropfte das Blut aus einer großen Wunde. Gekleidet war er in der alten Kriegstracht der Highland-Clans, Haare und Bart waren flammend rot. Lange Narben im Gesicht und an den Unterarmen stammten wahrscheinlich von vergangenen Gefechten mit den Rotröcken. Er wandte sich wieder ab und suchte nun auf dem Schlachtfeld unter den Gefallenen seines Clans nach seinen Freunden? Brüdern? Söhnen? Sanft wendete er einige um, um ihr Gesicht sehen zu können. Der Wind packte ihre Tartans und ließ sie gleich darauf wieder in die dunklen Blutlachen niederfallen.

Foto: Culloden Moor

Wovon wurden Mary und John hier Augenzeugen? Sie werden es nie genau wissen. Plötzlich verschwand die ganze Szene vor ihren Augen und sie waren in der öden Gegend allein. Die beiden gingen zum Auto zurück, sie waren nicht einmal mehr in der Lage zu sprechen. Immer noch meinten sie zu hören, wie die Seelen der Clans-Männer auf der Heide nach Rache für diesen Frevel schrieen. Mary weinte, Johns Herz war voller Trauer über das, was er gerade miterlebt hatte. Sie grübelten nach, wer der riesige Jakobiter (Anhänger der Stuarts) mit flammend rotem Haar gewesen sein könnte. Und warum er gerade ihnen erschienen war. Sie wussten schon lange, dass zumindest ein Vorfahr von John in der Schlacht von Culloden gekämpft und dort den Tod gefunden hatte, Euan Andrews ... waren sie etwa ihm hier begegnet? 


Die rothaarige Lady (1996)

Andrew Beaton, ein Einwohner von Elgin in NO-Schottland, erzählt (gekürzt):

"Duffus Castle liegt 4 oder 5 Meilen nördlich von Elgin, in einer ländlichen Gegend, umgeben von Feldern. Man kann nur auf einer einzigen Landstraße dorthin gelangen. Es gibt einen kleinen Parkplatz für Besucher außerhalb des eingefriedigten Areals der Burg. Das Gelände ist Eigentum von Historic Scotland. Der Eintritt ist frei und zu jeder Zeit erlaubt. Es gibt keine Angestellten dort. An Aushängen und Wegweisern kann man sich informieren..

Duffus ist eine beeindruckende steinerne Burgruine. Das heutige Gebäude ist schon seit mindestens 200 Jahren nicht mehr bewohnt. Es stammt zum größten Teil aus dem 14. Jahrhundert. Ein junger Mann namens Andrew Moray aus der Familie der Burgbesitzer war ein Anhänger des schottischen Freiheitshelden William Wallace (Braveheart). Er fiel in der Schlacht bei Stirling Bridge im Jahr 1297. Im Übrigen ist die Geschichte der Burg recht friedlich. Weder in Elgin noch in Aberdeen sind in den historischen Aufzeichnungen irgendwelche Hinweise auf blutige Ereignisse oder Gräueltaten auf Burggelände zu finden, die sonst häufig mit Geistererscheinungen in Verbindung gebracht werden.

 

Foto: Duffus Castle in Morayshire, NO-Schottland

Ich besuche mit meinen 2 kleinen Töchtern ziemlich regelmäßig Duffus Castle, denn ich wohne ganz in der Nähe und interessiere mich sehr für schottische Geschichte. Auch die Kinder sind mit der Burg vertraut. Am 5. Dezember 1996 um 10,30 Uhr morgens statteten  wir drei der Burg wieder einmal einen Besuch ab. Die Kinder spielen mit Vorliebe in den alten Ruinen. Es war an diesem Tag trocken, aber sehr kalt und windig. Deshalb hatte ich keine Lust lange dort zu bleiben, wir hielten uns nur etwa 20 Minuten hier auf. Die Kinder und ich, wir waren die ganze Zeit die einzigen Besucher. Ich kann versichern, niemand sonst war da oder in der Nähe. Die Burg selbst ist nicht groß. Sie bietet keine Verstecke um möglicherweise anderen einen Streich zu spielen. Die Ruine liegt auf einer Anhöhe, von wo man die Umgebung meilenweit überblicken kann. Es war tatsächlich niemand in der Nähe!

10 Minuten später stand ich auf dem ebenen Rasen, der die Burg umgibt, und blickte zu dem dicken Turm hinüber, der 120 m von mir entfernt lag. Meine Töchter spielten am Fuß des Burghügels. Plötzlich rannte meine ältere Tochter Helen zu mir herüber und sagte aufgeregt - ich zitiere sie wörtlich - : "Dad, da hat mir eine Lady aus der Burg zugewinkt!" Wie schon vorher bemerkt, da war absolut niemand sonst in der Nähe und mir wurde sehr schnell klar, was das für mich bedeutete. Ich befragte Helen genau und war dabei sehr vorsichtig, vermied Suggestivfragen, erwähnte auch nicht, dass sie möglicherweise einen Geist gesehen hatte. Ich bekam heraus, dass eine Frau mit freundlichem Gesicht und rotblondem Haar ihr aus einer Öffnung in der Burgmauer zugewinkt habe. Ich selbst hatte während der ganzen Zeit die Burg direkt im Blick gehabt und nichts gesehen, ebenso wenig wie meine jüngere Tochter Mary (4), die neben Helen stand.

Nun gut, bald darauf fuhren wir nach Hause, aber die Haare standen mir zu Berge. Bis heute habe ich niemals Helen gegenüber erwähnt, dass sie vielleicht einen Geist gesehen hat. Sie ist immer noch in dem Glauben, der müsse aussehen wie Casper das kleine Gespenst und nicht wie ein normaler Mensch. Ich bin mir absolut sicher, dass sie die Wahrheit sagte. Diese Geschichte ist nicht sehr aufregend, aber vielleicht trotzdem interessant. Man sollte dabei nicht vergessen, dass Kinder sehr verlässliche Augenzeugen sind und manches Mal Dinge sehen können, die Erwachsene nicht wahrnehmen. Wäre noch anzumerken: in dem Augenblick, als Helen die Lady sah, dachte ich träumerisch an die Geschichte dieser Burg und ihrer früheren Bewohner. Übrigens wusste Helen nicht die Kleider der Lady zu beschreiben, sie hatte nur ihren Kopf sehen können ...

Später forschte ich in der hiesigen Bibliothek nach, um herauszubekommen, wer die Lady gewesen sein könnte. Vergeblich. Aber ein Freund aus Duffus hörte, dass die Leute sich erzählen, in der Burg spuke es. Mehr wusste er auch nicht."


Auf dem Friedhof in Aberdeen (1990)

Ken aus Aberdeenshire erzählt:

"Irgendwann im Sommer 1990 war ich auf dem Aberdeen Hauptfriedhof, er heißt Friedhof St. Nicholas. Ich gehe oft auf Friedhöfe, schon bevor meine Mutter starb und auch danach, auch heute noch, meist am späten Abend oder in den frühen Morgenstunden. Ich genieße den Frieden hier in der Gewissheit, dass sehr wenige Menschen in der Zeit zwischen Sonnenuntergang und Morgendämmerung einen solchen Ort besuchen.

Jedenfalls wollte an diesem Morgen gerade die Sonne aufgehen, so zwischen 3.30 und 4 Uhr, da spürte ich, da war noch jemand außer mir auf dem Kirchhof, obwohl ich keine Schritte hören konnte oder sonst ein Geräusch. Es war ein stiller Morgen, leicht bewölkter Himmel. Ich sagte mir, "es ist Einbildung!" Wer sollte das schon sein um diese Zeit? Dazu noch auf einem Friedhof. 

Foto: Der Friedhof St. Nicholas in Aberdeen und die Kirche, in der der Mönch verschwand.

Aber das komische Gefühl wurde stärker, eine eisige Kälte verbreitete sich. Ich spähte vorsichtig nach allen Seiten und sah zu meiner Bestürzung, dass eine Gestalt hinter mir her kam, besser gesagt, sie "waberte" daher und trug sowas ähnliches wie eine Mönchskutte. Ich stand da wie angewurzelt, hatte aber keine Angst. Ich war einfach total verwirrt über das, was da vor meinen Augen geschah. Interessanterweise schien die Gestalt auf einem Weg zu gehen, der tiefer lag als der Erdboden. Nach etwa 10 Sekunden kam die Gestalt wieder an mir vorbei und ich sah sie durch die Kirchentür verschwinden. Da verließ ich schleunigst den Friedhof. Das war das letzte Mal, dass ich den Friedhof St. Nicholas in der Nacht besucht hatte, schwor ich mir. Später erfuhr ich, dass im Mittelalter hier ein Kloster gewesen sein soll ..."


Jakes Geist in His Majesty's Theatre in Aberdeen (1992)

 

 

 

 

 

 

 

 


Jake war Bühnenarbeiter in His Majesty's Theatre. Er wurde bei einem Unfall mit der Hebebühne getötet. Seitdem spukt sein Geist im Theater. Nach einiger Zeit stellten seine Kollegen zu ihrem Erstaunen fest: Jakes Geist war nun viel fleißiger als zu Lebzeiten.

 


Der Clansmann (1994)

Aus der Gegend des Cromarty Firth

Ahnungslosen Wanderern begegnen in den Highlands gelegentlich seltsame Gestalten aus alter Zeit. So erging es Norman McAlistair in den 1950ern. Er machte gerade eine Rast, um seine schmerzenden Füße in einem kleinen Wassertümpel zu kühlen. Plötzlich spürte er einen eiskalten Luftzug. Als er sich umwandte, sah er eben noch, wie die Gestalt eines jungen Highlanders im Kriegskleidung sich in Luft auflöste.- Ein schwedisches Paar, das im Sommer 1972 eine Rucksackwanderung in den Highlands unternahm, glaubte zunächst, unversehens in die Szenerie eines Filmes geraten zu sein. Sie hatten den ganzen Tag lang die atemberaubende Schönheit der Landschaft bewundert, da bemerkten sie am späten Nachmittag einen Steinwurf weit weg einen Mann, der wie ein Highlander alter Zeit gekleidet war: er war ziemlich groß, trug schulterlanges mittelblondes Haar lose zum Pferdeschwanz gebunden, an den bloßen Füßen Leder-Sandalen, ein grob gewebtes Hemd mit überkreuz geschnürten Bändern am Hals, darüber ein schottisches Plaid um den Körper geschlungen, auf der Schulter von einer  Bronzespange gehalten und in der Taille durch einen Gürtel befestigt. (Plaid ist abgeleitet von dem gälischen Begriff plaide für Decke und wurde tatsächlich früher  auch als Schlafdecke benutzt). 

Das Plaidtuch zeigte den Tartan der McGregors - aber das bekamen die Touristen erst hinterher heraus. Die Kleidung des Highlanders aus  einer langen Stoffbahn aus rau gewebter Wolle endete ein ganzes Stück oberhalb des Knies. Anders als die viel späteren Kilts war sie nicht in Falten gelegt. In der Hand trug der Mann ein Kampfbeil und am Gürtel einen Dolch mit einem Gesicht als Knauf. Der Highlander ging an den verschreckten Rucksackwanderern vorbei, warf noch einen Blick zurück auf die beiden und verschwand vor ihren Augen.

 

 

(Foto: der Tartan der McGregors, genannt Rob Roy)  


Der Amerikaner David McGregor schreibt 1994, was man sich in seiner Familie seit Generationen über diese Erscheinungen erzählt.

Fergus McGregor, einer seiner Vorfahren, wurde in den schottischen Highlands am Cromarty Firth geboren. Sein Heimatdorf gibt es schon lange nicht mehr, die Einwohner wurden von den Engländern vertrieben (die auf diesem Grund und Boden ihre Schafherden weiden lassen wollten. Das brachte mehr Gewinn ein.). Welch ein trauriger Anblick muss das gewesen sein, als die Dorfbewohner mit ihren wenigen Habseligkeiten von höhnischen Männern in roten Jacken zusammengetrieben und einer ungewissen Zukunft ausgeliefert wurden. Wie grenzenlos verzweifelt waren sie, als ihre Häuser bis auf die Grundmauern niedergebrannt wurden. Beim Anblick der öden Landschaft würde man heute nicht vermuten, dass dort einst ein Dorf stand, eine blühende Gemeinde.

Foto: Auch hier stand einst ein hübsches Dorf,  was man heute kaum noch ahnen kann.


So erzählt David: 
"Fergus und seine Frau hatten sehr früh geheiratet. Als er 22 Jahre alt war, besaßen sie schon 2 Kinder, Jamie war 4 und Katrina 3 Jahre alt. Trotz der schweren Zeiten waren sie eine glückliche Familie. Seine Frau Jeany kochte stets das Essen auf einem offenen Feuer, es reichte für alle. Aber bald schon sollte das Unglück über die Highlander hereinbrechen.

Die McGregors waren immer schon ein wilder Clan gewesen. Deshalb war es ihnen  verboten, irgendwelche Treffen zu veranstalten, bei denen mehr als vier von ihnen anwesend waren. Länger als ein Jahrhundert wurde es sogar als kriminell angesehen, den Namen McGregor zu tragen. Fergus und sein 17jähriger Bruder Rory machten keine Ausnahme in der Familientradition. Beide hatten schon manches Scharmützel mit der englischen Besatzung und auch mit schottischen Verrätern (die sich auf die Seite der Engländer gestellt hatten) gehabt. Es war für Fergus ein trauriger Tag, als er Augenzeuge wurde, wie ein Rotrock Rory umbrachte. Aber der war gestorben wie ein tapferer Mann, hatte Heim und Familie verteidigt.

Als Fergus wieder einmal wegen eines Gefechts nicht daheim war, kamen sie und brannten sein Dorf nieder. Sein Söhnchen Jamie und seine Frau starben in den Flammen, Katrina entkam aus dem Häuschen und flüchtete mit ein paar anderen aus dem Dorf zu einer Siedlung in der Nähe. Die Zurückbleibenden vertrieb man. Als Fergus und die übrigen aus seinem Clan zurückgekehrt waren, suchten sie vergeblich ihre Familien. Bald brach der Winter herein, sie froren und hungerten, und nur wenige überlebten den Schneefall.

Es war im nachfolgenden Sommer, als Fergus sterben musste. Der Highlander wurde an der linken Schulter getroffen, dass er taumelte. Der Hieb mit dem Gewehrkolben einer englischen Muskete brachte ihm dann den Tod. Im nächsten Winter  sagten die Leute auf einmal: "Fergus ist zurückgekehrt!" Wo einst sein altes Dorf gestanden hatte, suchte der Geist des Fergus McGregor  nach seiner Familie. Man sah eine einsame Gestalt in der  Kriegskleidung der Highlander über die Schneeflächen wandern, aber es blieben keine Fußspuren zurück."

Immer noch treffen Wanderer in den Highlands sommers wie winters den traurigen Fergus, der die Stelle sucht, wo einst sein Dorf stand. Oder hat er endlich seine Ruhe gefunden?

 

Foto: Schnee in den Highlands


Im Nebel (um 2000)

Am Cromarty Firth

Michelle ist heute Ende 60 und lebt in London. Sie erinnert sich gern und mit ein bisschen Wehmut an die schönen Ferientage, die sie vor langer Zeit mit ihren Eltern alljährlich in den schottischen Highlands verbrachte.

Als kleines Mädchen bestaunte sie bei ihren Spaziergängen ehrfürchtig die Berge, von denen sie meinte, sie müssten wohl so alt sein wie die Welt. Es gab dort einen großen See, an dessen Namen sie sich aber nicht mehr erinnern kann, so sehr sie auch darüber grübelt. Nicht weit davon graste eine Herde Aberdeen Angus Rinder. Niemals vorher hatte sie so schöne Tiere gesehen, nicht einmal auf Bildern. Eines Tages lief sie mitten zwischen die Herde, und die Tiere blieben friedlich, auch das kleine Mädchen fühlte sich bei ihnen sehr wohl. Überraschend senkte sich dichter Nebel übers Land. Michelle konnte fast nichts mehr auf der Weide erkennen, sie prallte gegen ein Rind, das sich aber weder von der Stelle bewegte noch sie mit seinen Hörnern bedrohte. Es murrte nur leise. Sie tastete sich an dem Tier vorbei und lief sofort wieder gegen ein zweites.

Foto: Aberdeen Angus Rinder

Auf einmal bekam sie Angst und wusste nicht, wie sie aus dem Nebel herausfinden und nach Hause kommen sollte.. Da tauchte aus dem Dunst ein junger Mann in Highlander Kleidung auf, urplötzlich wie aus dem Nichts. Er riet Michelle, sich niederzusetzen und zu warten, bis sich das Wetter aufkläre. Vor Überraschung konnte sie kein Wort hervorbringen, und schon hatte der Nebel den Highlander wieder verschluckt. Sie saß da und wartete, bis die Sicht wieder klarer wurde, was gar nicht lange dauerte. Sie sah die  Nebelschleier am Ufer des Lochs entlang schweben und sehr schnell wieder verschwinden. Dabei wurde ihr klar, wenn sie in dieselbe Richtung weitergegangen wäre wie anfangs, wäre sie unweigerlich in das tiefe Wasser des Sees gestürzt. Von dem jungen Mann war keine Spur mehr zu entdecken. Sie war zwar noch ein Kind, aber sie spürte, er war nicht von dieser Welt. Die Tiere grasten gleichmütig weiter und ließen sich durch nichts stören.

Michelle berichtet, der Highlander sei von hübscher Gestalt  gewesen und habe kastanienbraunes dickgelocktes Haar und einen Backenbart mit Schnäuzer getragen. Auf dem Kopf hatte er leicht schräg ein rundes Barett, dazu ein großes Plaidtuch um die Schultern geschlungen, das von einer ansehnlichen Spange mit einem leuchtend honigfarbenen Bernstein gehalten wurde. Sie dachte damals, er müsse schon recht kräftig sein, um diesen schweren Stoff zu tragen. Das Muster war dunkelgrün und marineblau kariert. Sie vermutet heute, es war der Tartan des McKenzie Clans. Jahre danach erfuhr sie von einem Jagdgehilfen aus der Gegend, diese Art Kleidung werde seit 300 Jahren hier nicht mehr getragen. Auch kenne er niemanden, auf den Michelles Beschreibung passe, fügte er augenzwinkernd hinzu.

 

Abb.: Tartan der McKenzies


Das Pärchen auf der Brücke (1994)

Am Spey

Inmitten einer malerischen Landschaft führt in Garmouth eine alte graue Eisenbahnbrücke aus Stahl über den Fluss Spey. Eine dort ansässige Dame namens Claire berichtet von einem Erlebnis, das sie im Oktober 1994 hatte, als sie diese Brücke überqueren wollte. 

Sie näherte sich mit ihrem Hund von der Südseite her dem Flusse. Als sie sich vergewissern wollte, ob die Brücke frei war, sah sie dort ein Pärchen stehen, das sich umarmte. Deshalb leinte sie den Hund an. Als sie wieder aufblickte, war sie total überrascht, weil das Paar plötzlich verschwunden war. Die beiden konnten doch so schnell nicht davonlaufen! Waren sie in die reißenden Wasser des Spey gesprungen?. Oder hatten sie sich  in Luft aufgelöst? Sie hatte sich nur eben zum Hund niedergebeugt und gleich darauf wieder hingesehen. 

Sie fühlte sich etwas unbehaglich, als sie weiterging und die Brücke überquerte. An der Stelle, wo das Paar eben noch gestanden hatte, fing ihr Hund zu knurren an, und sein Nackenfell sträubte sich. Auf dem Rückweg blieb er dagegen seelenruhig. Claire kann sich das alles nicht erklären. Aber sie hatte das Gefühl. etwas Übersinnliches erlebt zu haben. Ihr Ehemann meinte, sie spinne wahrscheinlich.

Foto: eine Brücke über den Spey

In Lossiemouth ganz in der Nähe erzählt man sich von einem gespenstischen Paar, das sich regelmäßig auf einer Brücke in der Gegend zu treffen pflegte. Der genaue Ort des Stelldicheins ist nicht mehr zu ermitteln. Sie waren frisch verliebt und total verzweifelt, als der Mann nach Kriegsausbruch Soldat werden musste. Zum letzten Mal trafen sie sich zum Abschied auf der Brücke. Er trug schon die schmucke Uniform der Royal Highland Fusiliers. Sie haben sich nie wiedergesehen, jedenfalls nicht in diesem Leben. Er kehrte nicht zurück aus Frankreich, kurz darauf erkrankte sie und starb. Woran? Vielleicht an gebrochenem Herzen? Wir werden es nie erfahren. Seit dieser Zeit erzählt man sich von der verwunschenen Brücke. Das Pärchen gehe als Spuk dort um. Manchmal trägt der Mann eine Mütze und blaues Arbeitszeug, manchmal eine Uniform. Vielleicht traf Claire an jenem Tag auf dieses Liebespaar aus der Vorkriegszeit. Ohne es zu ahnen.


 

Excellent Music Video ( song performed live in the studio by Slainte) on youtube
http://www.youtube.com/watch?v=HOzVUIXzLns  

 

Black Is The Colour…”  
is based on a traditional Scottish tune that made its way (probably via Irish immigration) to the Americas. Perhaps it’s something about that part of Europe, an area of the world where women must have spent many years of their lives lamenting the absence or maiming or passing of lovers at war, that created this sort of exquisite melancholia. In America, it's credited as a folksong from the southern Appalachian Mountains. 

Black is the colour of my true love's hair. / His lips are like some roses fair.
He has the sweetest smile and the gentlest hands, / I love the ground whereon he stands.

I love my love and well he knows. / I love the ground whereon he goes.
I wish the day it soon would come, / When he and I could be as one.

I go to the Clyde and I mourn and weep. / For satisfied I ne'er can be.
I write him a letter, just a few short lines, / And suffer death a thousand times.
(traditional)




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