1940-1945: Bombenterror |
Meine Mutter, das Improvisationsgenie
So improvisierte meine Mutter (Foto rechts):
Foto : Mein Freund Hänschen Kuhlmann und ich - mit der verhassten Schute auf dem Kopf - bringen Sachen zur Wollsammlung am Schalker Markt.
Nach dem Krieg dann, als die Hungersnot am größten wurde, machte meine Mutter, inzwischen Witwe geworden, mit mir zusammen ein von Bombentrichtern übersätes Gartengrundstück in Gelsenkirchen urbar und baute dort Melde, Stangenbohnen, Möhren, Rosenkohl, Kartoffeln und Kürbis an. Kohlsetzlinge wurden bei den Nachbarn gegen Rote-Beete-Pflänzchen getauscht, Lobsprüche ausgeteilt - "Ihre Erbsen stehen echt so kerzengerade wie die Rotarmisten!" - und Gärtnerlatein verzapft: "Für geschenkte Pflanzen darf man sich nicht bedanken, sonst gehen sie nicht an. Am besten wachsen sowieso nur geklaute!" Die medizinballgroßen Kürbisse wurden uns leider wirklich gestohlen, wahrscheinlich hatten sie zu strahlendgolden die Vorübergehenden angelacht. Neben einem alten Brunnenschacht in unserem Garten wuchsen wunderschöne Iris (Grafik rechts: alte Garteniris), die ich später niemals wieder so prächtig gesehen habe, mit je 3 abwärtsgebogenen lavendelblauen, und 3 aufwärtsgerichteten cremefarbenen, purpurngeäderten Blütenblättern. "Das Geheimnis der Dreifaltigkeit" nennt Hermann Hesse die Iris, vergleichbar mit dem 3-blättrigen Kleeblatt, dem "shamrock" der Iren.
Liebesgrüße aus dem Fausthandschuh Aus dieser romantischen Idee wurde nichts. Wir hörten später niemals mehr davon. Wer weiß, wo die Sachen geblieben sind?! Vielleicht gerieten die Transporte in Brand? Oder sie fielen kyrillisch-schreibenden Russen in die Hände? Die konnten keine "Liebesgrüße aus dem Fausthandschuh" in deutscher Schrift entziffern. Und schon gar nicht beantworten.
Plakat von 1944, das für die Kleidersammlung
wirbt
|