Wo stand der Galgen?

Das Hochgericht, die Richterey, die Strafen an Leib und Leben
verhängte, wurde von der Herrschaft Clerf aus
geübt für die Höfe, die zu ihr gehörten, wie Hosingen, Brouch, Bockholz,
Ulflingen und Marnach.
Das Mittel- und Grundgericht, zuständig bei kleineren Vergehen,
besaß dagegen jeder Hof . Es
bestand aus einem Meyer und mehreren Schöffen, die vom Schlossherrn
in Clerf auf Lebenszeit ernannt wurden. Das Gericht in Marnach führte
das Schöffen- oder Gerichtsbuch, das die Notariatsakten enthielt.
Abb.: Richtstätte im Mittelalter
mit Galgen, Scheiterhaufen, Folterwerkzeugen
Verschiedene Hinrichtungsarten auf der Richtstätte zu Luzern
(aus der Luzerner Chronik Diebold Schillings des Jüngeren, 1507/13) http://www.sbg.ac.at/ger/samson/rvws2004-05/hinrichtung.jpg
Alle Rechtsfälle im Bereich des Hofes wurden aktenkundig gemacht:
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Verkauf, Erbwechsel, Leih- und Verzichtsakten, alles wurde in das
Gerichtsbuch eingetragen.
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Machte jemand eine kleine Anleihe, so musste
ein Akt darüber angelegt werden und eine Hypothek aufgestellt werden.
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Bei jedem auch noch so kleinen Vergehen wurde das Mittel- und
Grundgericht des Hofes einberufen. Es verhängte
Strafen wie Geldbußen, Stäupen (Schlagen mit Ruten, wobei der
Angeklagte an den "Schandpfahl" angekettet war)....
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Strafen an Leib und Leben dagegen lagen in der Verantwortung des
Hochgerichts.

Wenn man in Clerf alte Leute nach dem Galgenberg fragt oder nach dem
Ort, wo der Galgen früher gestanden habe, so weiß niemand darauf eine
Antwort.
Der Galgen stand nämlich weder in Clerf noch auf einem der umliegenden Berge, sondern auf dem
Bann von Marnach. Der Platz
dort hat noch heute den Flurnamen "Hoúgericht".
Diese Stelle wurde für den Galgen
ausgewählt, weil sie von allen Seiten gut sichtbar war und weil sie
zentraler lag als Clerf.
Der Galgenplatz liegt etwas
außerhalb von Marnach, links von dem alten Weg, der von Marnach aus zur
"Kocherey" führt. Man kann noch deutlich sehen, dass der
Boden dort etwas erhöht ist.
Gerichtsbücher des Hofes Marnach
Das alte Gerichtsbuch enthielt Akten, die bis 1577 zurück reichten.
Holländische Freibeuter, die in den Norden Luxemburgs eingefallen
waren, rissen Anfang des 17. Jh Blätter heraus und machten es
unbrauchbar. Am 11. März 1614 musste deshalb ein neues angelegt werden.
Folgende Schöffen waren dabei:
Heinrich Söller,
Pfarrer zu Munshausen,
Niclaessen Sassel,
Altarist daselbst,
Johan de Jungh von Bockholtz,
"Manrichter" der
Herrschaft,
Schiltz Johan von Neidhausen,
Meyer des Hofes Brouch.
Wegkreuz am Rande des
Galgenplatzes, Foto: Wilhelm Niehues
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