Elmsfeuer
Gespenstische, flackernde Lichter, die scheinbar aus dem Nichts an Mastspitzen von Schiffen, an Türmen, oder sogar an den eigenen
Fingerspitzen aufleuchten - das
Elmsfeuer hat von allen Leuchterscheinungen vielleicht die unheimlichste
Ausstrahlung.
Meine Großmutter hat als Kind selbst das Elmsfeuer auf dem Schiff
erlebt. "Oben auf den Mastspitzen flackerte es als blaue Flamme.
Wenn du es mit der Hand zudecktest, ging es durch die Hand hindurch und
leuchtete weiter."
Abb.: St. Elmo's Fire, Gemälde von Jeffrey K.
Bedrick
The Fire Of St.
Elmo
Aus dem Englischen, nach: Keith C. Heidorn, PhD, ACM
http://www.islandnet.com/~see/weather/elements/stelmo.htm
Der Name Elmsfeuer ist abgeleitet
vom Namen des italienischen
Heiligen St. Elmo (Erasmus, circa 300 n.Chr.). Er war in
alter Zeit der Beschützer der Männer, die auf Segelschiffen die Meere
befuhren, und konnte
Sturm und Wogen besänftigen.
Schon Caesar (* 100 v. Chr.) berichtet über das Elmsfeuer: "Es
war im Februar, etwa während der 2ten Nachtwache, da zog eine dunkle Wolke auf und ein Hagelschauer folgte. In
dieser Nacht sah es so aus,
als wenn die Speerspitzen der Fünften Legion in Flammen stünden
..."
Die
Erscheinung wird auch erwähnt in den alten Logbüchern der Crews um
Forschungsreisende
wie Magellan (rechts), und Columbus
(unten) in der Zeit um 1500, in
mündlichen Erzählungen von Seeleuten, die nicht schreiben konnten, aber auch bei Shakespeare
und Melville (Moby Dick) und in den Aufzeichnungen von Charles
Darwin während seiner Seereise auf der Beagle.
Auf einer Weltumseglung Magellans beobachtet der Chronist: „Bei diesen Stürmen erschien uns oftmals die Gestalt von St.
Elmo als heller Schein in finsterer Nacht auf der Spitze des Hauptmastes und
blieb dort zwei Stunden oder länger, um uns zu Mut zu machen.“
Wenn das Elmsfeuer erschien,
wussten die Seeleute, dass der Gipfelpunkt des Unwetters
überstanden war und St. Elmo ihre Gebete um Hilfe erhört hatte.
Vor allem bei
gewittriger Atmosphäre mit hoher elektrischer Spannung leuchtete das Elmsfeuer auf den Mastspitzen.
„Eine geisterhafte
Flamme tanzte zwischen unseren Segeln und strahlte dann später ruhig
wie Kerzenlicht hell vom Mast herunter ... wenn sie erscheint, ist die
Gefahr vorüber.“
(Christopher Columbus, 2te Reise)
siehe Abb. links
Die einen sahen im Elmsfeuer
eine Botschaft Gottes, andere einen Spuk, wieder andere deuteten es als ein Feuerwerk der Natur. Gewöhnlich ist es blau oder bläulich-weiß
und erscheint minutenlang an festen, geerdeten elektrischen Leitern. Die
Flamme ist nicht heiß, sie verbrennt nichts, manchmal hört man ein zischendes Geräusch dabei. Deshalb glaubte man auch gern an
eine Geistererscheinung. Der biblische Dornbusch, der brannte, aber
nicht verbrannte, war vielleicht eine Art von Elmsfeuer.
Mit Benjamin Franklins Erfindung
des Blitzableiters, meist an exponierten,
hohen Stellen der Gebäude angebracht, dem Bau von aufragenden Kirchturmspitzen
und metallenen Wetterfahnen wanderte das Elmsfeuer auch ins Binnenland
und lieferte Stoff für viele Spukgeschichten.
Im
Zeitalter der Luftfahrt konnte man das Feuer dann an den
Enden der Tragflächen des Flugzeugs erblicken, an Nase und Heck, an den Propellern,
Armaturen, Antennen, wo es den Funkkontakt durch singende
oder zischende Geräusche störte. Manche vermuten sogar, die
Katastrophe des Zeppelins Hindenburg im Mai 1937 in Lakehurst NY sei durch einen
Elmsfeuer-Funken entstanden, der den undichten Wasserstofftank zur
Explosion brachte.
Abb.:
Brennender Dornbusch, www.kunstverein-filderstadt.de
Auf
dem Verdeck, in jeglicher Kajüte
flammt´ ich Entsetzen;
bald zerteilt´ ich mich
und brannt' an vielen Stellen;
auf dem Mast,
an Stang' und Bugspriet flammt´ ich abgesondert,
floss dann in eins ...
singt der Luftgeist Ariel in "Der Sturm"
(The Tempest by William Shakespeare, um 1600)
Kleiner Exkurs in die Gegenwart
Physikalisch gesehen, so sagen die Physiker, könnte man das Elmsfeuer als eine
Art kontinuierlichen schwachen Blitz bezeichnen. (Nur selten findet man
im Internet ein Foto von diesem
Ereignis.) Während oder kurz vor einem Gewitter ist die Luft stark elektrisch aufgeladen und diese Spannung erzeugt in der Nähe von
exponierten Gegenständen
hohe
elektrische Feldstärken. Wenn die Spannung groß genug ist, fließt
Strom zwischen der geladenen Luft und
z.B. der Mastspitze eines Schiffes, der Nase eines Flugzeugs oder einer
Bergspitze. Die Luft wird ionisiert und ein flammenähnlicher, blassblau flackernder Lichtschein entsteht. Die büschelförmige Lichterscheinung kann eine Länge von 30 bis 50 Zentimetern
erreichen und länger als eine Minute anhalten.
Wie oben schon erwähnt konnte man nicht nur in alten Zeiten das Phänomen des Elmsfeuers
erleben, wie der Bericht eines amerikanischen Militär-Piloten aus dem
Jahr 1982 zeigt. Damals war die Zeit des Kalten Krieges zwischen der
Nato und dem Ostblock. In allen Weltmeeren kreuzten sowohl amerikanische wie
auch sowjetische U-Boote, die von gegnerischen Flugzeugen überwacht
wurden; denn es gab noch nicht so viele "gut sehende" Beobachtungs-Satelliten
wie heute.
Abb1: http://members.magnet.at/alpha-channel/electro/Felder/felefel.htm
Abb. 2: Antennenspitze, http://www.dj9yj.lx2gt.lu/index.php
"Interesting weather" circa 1982
Ich war in einer Lockheed P-3C (einem
Seepatrouillen- und U-Boot-Abwehrflugzeug der US-Navy) auf dem Rückweg
von einem U-Boot-Aufklärungsflug, etwa 700 Meilen westlich von San Francisco. Es war 2 Uhr
nachts. Wir mussten eine ganze Strecke durch
eine Gewitterfront fliegen - es wäre zu weit gewesen sie zu umfliegen und
diese "Wand" erstreckte sich bis in solche Höhen, dass wir
nicht darüber hinweg fliegen konnten - also entschieden wir uns
nach Betrachten des Radarbilds dafür, eine anscheinend recht dünne
Stelle in der Gewitterfront zu durchfliegen.
Abb.: So könnte sie ausgesehen haben, die Lockheed P-3C mit Elmsfeuer (Montage: Wolfgang Niehues)
Als wir die Wolken durchstießen, machte mich der
Beobachter im Cockpit auf Elmsfeuer aufmerksam. Da sah ich es auch: auf
der Außenseite der Scheiben des Cockpits "krochen" jeweils fünf oder sechs
dünne
Linien
aus
blauem Feuer. Wenn
man genauer hinschaute, waren sie unten an den Achsen der
Scheibenwischer miteinander
verbunden.
Sie sahen aus wie Kinderhände aus elektrischem Strom, die
von draußen auf unsere Fensterscheiben fassten! Die Propeller waren
jetzt hell leuchtende
Scheiben blauen Lichts, die eine blaue Funkenspur hinter sich her zogen.
Für jemand außerhalb des Flugzeugs wäre das bestimmt ein toller
Anblick gewesen.
Kurze Zeit später wurden wir vom Blitz getroffen. Die Piloten konnten
wegen des Lichtblitzes zuerst gar nichts mehr sehen, einige unserer Instrumente
brannten durch und ein faustgroßes Loch wurde in die Radarnase des
Flugzeugs gerissen, genauso wie die letzten 60cm unseres
U-Boot-Peilgeräts am Heck des Flugzeugs abgesprengt wurden.
Wir weckten den dritten Piloten auf, löschten das Feuer und landeten ein paar Stunden später ohne weitere
Zwischenfälle. Eine ziemlich "interessante Mission".
patrick gorman <>
waldorf, MD USA - Tuesday, March 11, 1997 at 14:46:43 (PST)
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