Land der dunklen Wälder |
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Die Instleute"Inmitten der Felder, hinter einer Abfahrt unter Bäumen liegen im Geviert das stattliche Wohnhaus, Pferdestall, Viehstall und Scheune. Wie es sich gehört, thront auf dem Viehstall das Storchennest. Von den Pferden über Kühe und Schweine bis zum Federvieh gibt es alles, was das Herz begehrt. Etwas abseits liegt das Leute- oder Insthaus ..." (Krockow) Grafik: Gutshof in Ostpreußen mit Herrenhaus (Mitte), Kirche (links), Stallungen, Scheunen und Katen der Landarbeiter (Insthäuser)
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Carls Großvater Michael war Knecht in Klein Gnie gewesen. (Ganz anders als wir heute denken, war "Knecht" die oberste Stufe in der Gesinde-Rangordnung eines Guts.) Carls Vater war Fabrikarbeiter (es gab dort Holzindustrie, Tuchfabrikation, eine Ziegelei, eine Brauerei) und "Instmann". Das heißt, er war auf einem Gut im Kreis Gerdauen, wahrscheinlich in Neuendorf, jeweils für 1 Jahr oder länger fest angestellt, im Gegensatz zum kurzfristig eingestellten "Scharwerker". Er leistete dort - vermutlich - gegen Lohn für seinen Gutsbesitzer "Handdienste", und genoss - wenn er Glück hatte - evtl. etwas Landnutzung (nicht mehr als 1 ha) und Wohnrecht auf dem Gut in einer einfachen Kate oder zur Miete. Foto: Masurenbauer beim Sensedengeln |
"Der Bauernstand ist für den Staat sehr wichtig ... er hat die Arbeit und die anderen den Ruhm." Friedrich II. (1712-1786), der diesen Satz gesprochen hat, ("der Alte Fritz", Bild rechts) versuchte zwar, das Los der Kleinbauern und Landarbeiter zu verbessern. Er scheiterte aber mehr oder weniger am Widerstand der Adligen, die ihre Vorrechte nicht preisgeben wollten. Noch 1744 wurden bäuerliche Leibeigene in Königsberg öffentlich zum Verkauf angeboten. (Dieter und Renate Sinn: Der Alltag in Preußen) Jeder Tag war ein Arbeitstag, bis tief in die Nacht, je nach Belieben des Gutsherrn, dem lange Zeit "väterliche Züchtigung bei Ungehorsam, Faulheit und Mutwillen" erlaubt war und der trotz dieses "ungnädigen" Benehmens angeredet werden wollte mit "gnädiger Herr".
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Foto: Pferdemarkt in Masuren aus Unvergessene Heimat Ostpreußen, Weltbild Verlag
Eine andere Gelegenheit, wo es Abwechslung und ein bisschen Vergnügen gab, waren die Kirmes und der alljährliche Pferdemarkt. Schon lange vorher freuten sich die Bauern darauf.
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Am Martinstag begann auch für viele zehnjährige Kinder der Zwangsdienst auf dem Gutshof. Obendrein mussten die Jungen von nun an für den Heeresdienst zur Verfügung stehen! Sie wurden in die Militärlisten eingetragen (enroliert). Aus diesem Arbeitsleben, dieser Fron oder gar Leibeigenschaft, sollten sie jahrelang nicht mehr freikommen. Und dabei jämmerlich entlohnt werden. Schulbesuch gab es nur im Winter, wenn überhaupt. Sicher war es ein sehr hartes, armes Leben. Abb.: Schulunterricht in einer
Scheune. "Keine Bewegungsfreiheit, keine geregelte Arbeitszeit, keine Erlaubnis, ein Handwerk zu lernen, von Urlaub, Freizeitgestaltung oder gar Erholungsaufenthalten konnte überhaupt keine Rede sein; keine ausreichende Entlohnung, tägliche Abhängigkeit vom Gutsherrn und kaum eine Rechtshandhabe gegen ihn ..."(Der Alltag in Preußen) Die Dienste waren oftmals "ungemessen", d.h. ohne Zeitlimit. Auch Sonntage waren nicht immer frei, der Bauer und seine Frau, Kinder und alle Familienangehörigen hätten eigentlich von früh bis spät schuften müssen, sei es für die Herrschaft, sei es auf ihren nur zur Nutzung geliehenen kargen Feldern ... "Verständlich daher, dass die Masuren zwar die Langsamkeit und das Fluchen, aber nicht die Arbeit erfanden, die so wenig lohnte ... Wer will es ihnen verdenken?" (Krockow)
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