Without Going out of my Door


Einwanderung nach Amerika

Der Atlantik

Segelschiffe waren bis Mitte des 19.Jahrhunderts für Millionen europäischer Auswanderer das wichtigste Verkehrsmittel nach Amerika. Die vielen Emigranten, die sich damals auf den beschwerlichen Weg in die Neue Welt begaben, flohen vor Armut und Kriegen, vor politischer Hetze und Verfolgung. In Amerika erhofften sie sich eine neue Lebensperspektive, Glück, Frieden und Wohlstand.

Um das Jahr 1880, nach der  Erfindung der Dampfschiffe, konnte man auf einmal viel schneller nach Amerika kommen. Statt 10  Wochen oder länger dauerte die Reise von Europa über den Atlantik nur noch 10 bis 14 Tage! Die Einwanderer strömten nun aus aller Welt hierher. Dampfschiffe waren gegenüber  Segelschiffen seit Jahren die bessere Alternative, um bequem, sicher und schnell die Vereinigten Staaten zu erreichen. Doch ihr entscheidender Nachteil war, dass sie für die Mehrheit der Auswanderer zu teuer waren.


Die Überfahrt

Eingepfercht in dunklen Massenunterkünften unter Deck eines Segelschiffes, den Geruch von Urin, Kot und Erbrochenem in der Luft, allerorts klagende Mitreisende, von Seekrankheit, hartnäckigen Infekten und lästigem Ungeziefer geplagt – warum taten sich Menschen das an? Emigranten, die ihre alte Heimat verlassen mussten, drängten sich in den Häfen Norddeutschlands auf die Schiffe.

Parallel zur Durchsetzung der Dampfschiffahrt verbesserte sich seit 1870 die Situation der Auswanderer. Die Zwischendecksunterkünfte waren  immer noch beengt, aber die hygienischen Verhältnisse nicht mehr so katastrophal wie auf den Segelschiffen.


Billigreisen im Herbst und Winter

Im Herbst und Winter waren die Reisen zu den nordamerikanischen Häfen billiger.  Doch wenn man kurz vor Weihnachten dann New York oder Baltimore erreichte, war es fast ausgeschlossen, schnell an Arbeit zu kommen. Während des Sommerhalbjahrs konnte man sich in den Vereinigten Staaten leicht Arbeit auf den Farmen beschaffen.

Während die wohlhabenden Herrschaften in der komfortableren Kajütsklasse reisten, entschieden sich die allermeisten Auswanderer – über 90 % - für das preisgünstige Zwischendeck, und wanderten so in großer Schar in den dunklen, schwülen Bauch des Schiffes. 


Im Zwischendeck


Auf den meisten Schiffen waren jeweils vier Kojen nebeneinander platziert, und das zweistöckig. Bei Seegang konnte es daher passieren, dass man in seiner Koje unerwartet Besuch von seinem Nachbarn bekam. Gleich daneben standen Tische und Bänke für die Mahlzeiten.

Alles in allem aber waren die Maße des Zwischendecks und der Schlafstellen der Durchschnittsgröße der Reisenden angemessen – die Probleme schuf die Menge der Reisenden.

 

 

 

Erheblich komfortabler waren da allerdings die Kabinen der 1. und 2. Klasse! Siehe Foto rechts!

 


Die Großschiffe fuhren rentabel, weil  die Zwischendeckspassagiere wenig Platz beanspruchten und dafür relativ viel bezahlten, Die Kosten pro Person entsprachen annähernd der  Jahresmiete für eine 3-Raum-Wohnung, für eine Überfahrt auf Kredit musste man 1 Jahr lang oder länger als Farmarbeiter schuften in den USA. Das Ticket kostete etwa $ 30, das entsprach dem  durchschnittlichen Monatslohn eines deutschen Arbeiters, etwa 120 Mark. 

Der HAPAG-Direktor Albert Ballin sagt zugespitzt: "Ohne Zwischendeckspassagiere wäre ich innerhalb weniger Wochen bankrott."

Foto: Zwischendeckseingang


Auswanderer im Zwischendeck eines Ozean-Riesen 

An Bord der Ozeanriesen, die seit 1895 eingesetzt wurden, waren die Auswanderer strikt von den wohlhabenden Reisenden getrennt. Aber die Konkurrenz der Reedereien hob  auch die Standards bei der Unterbringung und Verpflegung der Zwischendeckspassagiere.



Haferbrei und andere Delikatessen

Auf Auswandererschiffen war die Verpflegung im Reisepreis zwar inbegriffen, doch war die Kost nicht selten von schlechter Qualität. An Vorräten waren zu laden  Getreide, Mehl, Salz,  Hülsenfrüchte, Salzheringe und Pökelfleisch, Stockfisch, ebenso Kartoffeln, Sauerkraut, Tee und Zichorienkaffee, Essig, Öl und Rübenkraut, Gewürze in Blechdosen, Schmalz, Frischwasser und vieles mehr.

Seeluft macht bekanntlich hungrig. Für die Zwischendecker, den Kapitän samt Familie und den Koch selbst galt dieser Essensplan: Frühstück gibt es um 7.30 Uhr, Mittagessen um 12.30 Uhr und Abendbrot um 18.30 Uhr.


Kulinarische Kreationen mit einfachen Mitteln

Damals standen Suppen mit Hülsenfrüchten, Getreidebreie oder Eintopfgerichte mit Pökelfleisch, Speck, Sauerkraut und Kartoffeln häufig auf dem Speiseplan. Ebenso kamen verschiedene Mehlspeisen mit Backpflaumen auf den Tisch. Wie bereits erwähnt: Auf manchen Schiffen gab es mehr, auf manchen weniger zu essen. Mit Delikatessen wurden Zwischendeckpassagiere keinesfalls verwöhnt. Um gefangene Fische oder Frischfleisch auf den Teller zu bekommen, waren sie auf die Gnade des Kapitäns angewiesen; er und die Reisenden der Kajütsklasse hatten zuallererst Anrecht auf derartige Delikatessen.

 

Für das Zwischendeck gab es Zwiebel-, Linsen- oder Kohlsuppe, Pellkartoffeln mit Sauerkraut oder Selleriegemüse, Steckrüben- oder Erbseneintopf, auch Senfkraut mit Gemüsereis oder eine Suppenterrine vom Stockfisch. Zu den Favoriten zählte der morgendliche Haferbrei, genauso wie der Krautsalat zum Mittagessen. 

Quellen: 
Begleitbuch "Windstärke 8" - vgs-Verlagsgesellschaft             
http:// www.wdr.de              
http://fhh.hamburg.de/fhh


Ellis Island und ein rundherum tolles Land 

Im Jahre 1892 wurde Ellis Island für Einwanderer geöffnet. Es liegt in der Oberen New York Bay, etwa 1 Meile südwestlich von Manhattan. Hierher mussten die Menschen zuerst kommen, bevor ihnen erlaubt war, an Land zu gehen. Ein Einwanderer erinnert sich an seine Ankunft in Ellis Island: 

"Das Boot ankerte mitten in der Bucht, und dann sollten wir auf dieser Fähre rüber nach Ellis Island ... Darauf gingen wir von Bord... man bekam seinen Seesack in die Hand gedrückt  und es ging schnurstracks in das Gebäude. Mann, da müssen etwa 5-6000 Menschen drin gewesen sein, total zusammengepfercht. Ich weiß noch, es war im August. Ne Affenhitze, und ich mit langen Unterhosen und in meinem dicken Irischen Tweed-Anzug!"

Oft wanderten damals ganze Familien zusammen aus, obwohl auch häufig junge Männer zuerst kamen, bis sie Arbeit gefunden hatten. Dann ließen sie ihre Frau, Kinder, Geschwister nachkommen; andere gingen wieder nach Europa zurück, sobald sie Ersparnissen hatten.

Millionen von Einwanderern bot New York eine Chance. In Lower New York lebten Menschen aus der ganzen Welt als Nachbarn, Tür an Tür. Mehr als 27 Millionen Menschen wanderten zwischen 1880 und 1930 in die Vereinigten Staaten ein - davon etwa 20 Millionen über Ellis Island. (nach der Ellis Island Homepage)


Frank McCourt, Autor des Bestsellers "Angela's Ashes", schreibt in seinen Amerika-Erinnerungen :

"Ellis Island und eine alte hölzerne Fähre, die zwischen zwei Gebäuden verrottet, lassen mich an die vielen Menschen denken, die vor mir hier vorbeigekommen sind, ... all die vielen Menschen, die vor der Hungersnot in Irland geflohen sind, all die Menschen aus ganz Europa, die hier gelandet sind und denen das Herz bis zum Hals geklopft hat, weil sie Angst hatten, man könnte Krankheiten bei ihnen feststellen und sie zurückschicken,

 und wenn man daran denkt, kommt ein großes Stöhnen von Ellis Island her übers Wasser und man fragt sich, ob die Abgewiesenen mit ihren kleinen Kindern in Länder wie die Tschechoslowakei und Ungarn zurückkehren mussten. Die Menschen, die hier abgewiesen wurden, waren die traurigsten, die es je gegeben hat, sie waren übler dran als solche wie ich, denen ... nichts passieren kann, weil sie einen amerikanischen Pass haben."

Aus: Frank McCourt, Ein rundherum tolles Land (Tis),
deutsch von Rudolf Hermstein,
1999 Luchterhand Literaturverlag GmbH, München


< Der Passagier Paul

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